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FPÖ verlässt Veto-Kurs wieder

Von Alexandra Grass

Politik

Nach ÖVP-Klubobmann Andreas Khol hat am Dienstag nun auch FPÖ-Klubchef Peter Westenthaler zur Halbzeit von Schwarz-Blau Bilanz gezogen. Als Highlights der Regierungsarbeit nannte er etwa das Nulldefizit, den Integrationsvertrag und die Verwaltungsreform. Eine erste Etappe der geplanten Steuerreform kündigte er für 2003 an. In Sachen EU-Erweiterung war von einem Veto-Kurs keine Rede mehr: "Wir bekennen uns zur Erweiterung", stellte Westenthaler klar.


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Die Höhe der finanziellen Entlastung für die Bürger hänge von der Konjunktur-Entwicklung ab, betonte der Klubchef. Eine erste Etappe zur nachhaltigen Entlastung müsse es aber trotzdem schon 2003 geben. Die FPÖ suche derzeit auch Lösungsansätze jenseits einer Steuerreform - Konkretes war nicht zu erfahren. Die Frage, ob eine Alternative etwa eine Rücknahme der Ambulanzgebühr sein könnte, wollte Westenthaler nicht beantworten. In jedem Fall "braucht´s Fantasie". Bis Sommer sollen Alternativwege aufgezeigt werden.

Ebenso sollen zu diesem Zeitpunkt neue Maßnahmen in der Sicherheitspolitik auf dem Tisch liegen. Der Klubchef erneuerte hier seinen Vorstoß für die Einführung von Fingerprints in Reisepässen. In den USA gäbe es bereits Überlegungen, ohne biometrische Daten für Bürger in Europa wieder die Visapflicht einzuführen, meinte Westenthaler und zeigte sich optimistisch, Innenminister Ernst Strasser in der Frage überzeugen zu können.

Entgegen der Ankündigungen der letzten Wochen will die FPÖ in der Frage der EU-Erweiterung nun einmal "eine Pause" einlegen und abwarten. Verhandlungen könnten erst begonnen werden, wenn in Tschechien "vernünftige Kräfte am Ruder sind", betonte der Klubchef und verwies auf die im Frühling anstehenden Wahlen zum Prager Parlament.

Bei der nächsten Nationalratswahl "im Herbst 2003" erwartet sich Westenthaler ob der "positiven Regierungstätigkeit" ein "gutes Zeugnis der Bürger". Um die Reformen zu Ende führen zu können, müsse demnach auch der künftige Partner die ÖVP sein.

Ein schlechtes Zeugnis stellte hingegen NR-Präsident SPÖ-Vize Heinz Fischer der Regierung aus, denn die ersten zwei Jahre "waren von sozialer Kälte geprägt". Als Beispiele nannte er etwa Unfallrentenbesteuerung, Ambulanzgebühr und Studiengebühr. Ein weiterer Kritikpunkt: Die Budgetsanierung sei "vor allem einnahmenseitig und nicht wie versprochen ausgabenseitig" erfolgt. In Sachen Erweiterung hätte Österreich die Chance, "Mentor und Freund" für die Beitrittsländer zu sein, vertan. Mühsam distanziere man sich derzeit zwar vom Temelín-bedingten Veto, doch sei es ebenso falsch, sich nun als nächstes die Benes-Dekrete als Drohung aufzubauen, meinte Fischer.