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"Fragen Sie mich besser nicht"

Von Ina Weber

Politik

Asylwerber: Test ist nicht wichtig. | +++ Steirer: "50 Prozent der Österreicher | wissen das auch nicht." | Wien. Sonja Holzer arbeitet am Lotterie-Stand am Wiener Südbahnhof. Dort steht sie an diesem Morgen nicht allein. An ihrer Seite ist Devraj Ghera. Er kommt ursprünglich aus Indien, lebt seit 14 Jahren in Österreich und ist seit 2002 österreichischer Staatsbürger. Damals musste er noch nicht seine Landeskunde unter Beweis stellen. Bereitwillig lässt er dennoch die möglichen Fragen (Auszug aus dem vorläufigen Fragebogen für Einbürgerungswerber) über sich ergehen.


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http://www.wienerzeitung.at/bilder/artikel/180304grafik.gif Dass Österreich eine Demokratie ist, weiß er. Auch den derzeitigen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel konnte er nennen. Doch wie Wiens Bürgermeister heißt oder welcher Strom durch Wien fließt, konnte er nur mit Hilfe seiner Kollegin beantworten. "Ein bisserl wissen, sollten sie schon über unser Land, unsere Kultur und Bräuche", meinte Holzer. Wie viele Mitglieder der Nationalrat hat und welche Parteien in der Landesregierung sind, wusste jedoch selbst sie nicht.

Der 25-jährige Schwarzafrikaner John J. ist seit zehn Jahren Österreicher. Mit dem Wissen über sein Land nimmt er es nicht so genau. "Das fragen sie mich besser nicht", meinte er. Für ihn heißt Österreichs Bundeskanzler Heinz Fischer. Den Bürgermeister von Wien kennt er nicht - dafür aber kennt ihn seine Freundin, die noch nicht Österreicherin ist. "Häupl", flüstert sie ihm zu.

Was zeichnet für ihn einen österreichischen Staatsbürger aus? "Kein Rassist zu sein." "Oh Gott, bei Parteien kenn ich mich nicht so gut aus", meinte die 15-jährige Wienerin Tanja B. "Ja, das sollte man eigentlich schon wissen." Derselben Meinung ist ein Student aus der Steiermark. "Aber es bringt eigentlich nix, weil 50 Prozent der Österreicher wissen das auch nicht."

"Wien wird von den Grünen regiert", meinte ein 24-jähriger Asylwerber aus Albanien. Er lebt seit zwei Jahren in Wien. Der Test sei nicht wichtig, wichtiger sei, dass "wir wie Menschen behandelt werden".

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