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Fragiler Konsens

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© WZ

Die EU zeigt Stärke gegen China. Das gefällt nicht allen in der EU - und Ungarn sagt das laut.


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Österreichs politische Ressourcen sind derzeit mit dem Kampf gegen die Pandemie ausgelastet (wobei noch offen ist, ob die mauen Ergebnisse den Ressourcen oder der Pandemie geschuldet sind), an der Notwendigkeit, daneben noch andere Baustellen zu bearbeiten, hat aber auch Sars-CoV-2 nichts geändert.

Am Montag beschlossen die EU-Außenminister zum ersten Mal seit dem Massaker am Platz des Himmlischen Friedens Sanktionen gegen China. Der Grund sind die massiven Menschenrechtsverletzungen des kommunistischen Regimes gegen die muslimische Minderheit der Uiguren. Auch gegen die Spitzen der Militärjunta in Myanmar, die immer brutaler gegen die demokratische Protestbewegung vorgeht, haben die EU-27 Strafmaßnahmen beschlossen.

Die europäische Phalanx gegen die Menschenrechtsverstöße in Ostasien steht allerdings nicht so eng, wie man angesichts der gebotenen Einstimmigkeit vermuten könnte. Zwar hat auch Ungarn zugestimmt, doch Außenminister Peter Szijjarto beeilte sich, die Maßnahmen gegen China als "schädlich" und "zwecklos" zu bezeichnen.

China ist für Ungarn wie für etliche andere EU-Staaten der wichtigste Handelspartner nach der EU; und Budapest hat große Hoffnungen, so wie etwa auch Athen, zu einer Drehscheibe im Ost-West-Handel aufzusteigen. Chinas gigantomanisches Projekt einer Neuen Seidenstraße entfaltet ungeheure Anziehungskraft; diese Gefühle kennt man auch in der Ostregion der Alpenrepublik.

Mit dem Austritt aus der proeuropäischen christdemokratischen EVP-Fraktion im EU-Parlament, der einem Hinauswurf zuvorkam, hat Ungarns Premier Viktor Orban die Brücken zu einer konstruktiven Europapolitik weitgehend abgebrochen. Nun bremsen ihn nur noch die EU-Förderungen und sonstigen wirtschaftlichen Vorteile einer EU-Mitgliedschaft. Auch deshalb ist der von Orban provozierte Bruch mit der EVP eine Lose-lose-Situation für alle; dass ihn viele Bürgerliche herbeigesehnt haben und es auch ein Akt der politischen Selbsthygiene war, ist dazu kein Widerspruch. Europa lebte und lebt von seiner Anziehungskraft. Möglichkeiten, die eigenen Mitglieder zu maßregeln, sind maximal der zweitbeste Weg, um zusammenzubleiben.

Joe Biden, der neue Präsident im Weißen Haus, arbeitet an der Neuausrichtung der US-Außenpolitik. Sanktionen gegen China und Russland sind dabei Mittel zum Zweck. Biden will die EU dabei an seiner Seite wissen. Das wird der nächste Stresstest für die Union, gerade nach innen. So schnell wird deshalb die Einstimmigkeit bei außenpolitischen Beschlüssen der EU wohl nicht fallen.