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Kreditnehmerin beziffert Deckungslücke mit 159.000 Euro.
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Wien. Österreichs private Haushalte sind in Sachen Eigenheimfinanzierung nach wie vor massiv in fremden Währungen verschuldet. Laut Oesterreichischer Nationalbank sind derzeit Fremdwährungskredite in Höhe von 36,667 Milliarden Euro offen, die in den nächsten Jahren getilgt werden müssen. Denn der Boom dieser Kredite begann 1999, die Laufzeit beträgt in der Regel 25 Jahre. Ein Volumen von 34,422 Milliarden Euro betrifft Schweizer-Franken-Kredite, davon entfallen 24,728 Milliarden auf Finanzierungen, die mit Tilgungsträgern, wie fondsgebundene Lebensversicherungen, am Ende der Laufzeit abgedeckt werden sollten.
Doch das ungünstige Franken-Euro-Kurs-Verhältnis und die schlechte Performance der Lebensversicherungen könnte für viele private Schuldner in einem existenziellen Desaster enden.
Die Bank Austria und der Strukturvertrieb AWD müssen sich in den nächsten Tagen mit einer Klage einer Kundin (Aktenzahl 23 Cg 50/12x) herumschlagen, die diese vor einer Woche über ihren Anwalt Alexander Klauser beim Handelsgericht Wien - aufgrund der Verjährungsproblematik - eingebracht hat. Denn die ihr angediente Finanzierungskonstruktion soll eine Deckungslücke in Höhe von 159.117 Euro aufweisen.
"Das ist ein besonders krasser Fall, weil die Bank eine aktive Rolle bei der Beratung gespielt hat", behauptet Anwalt Alexander Klauser, der auch für den Verein für Konsumenteninformation (VKI) mehrere Sammelklagen gegen den AWD in Sachen Immofinanz führt. "Und die Bank tut jetzt so, als wäre sie ein verantwortungsvoller Kreditgeber."
Mitte März 2012 informierte die Bank Austria die Kundin, dass "der Erlös aus dem gewählten Tilgungsträger nicht ausreichen wird, um den aushaftenden Betrag der Finanzierung zur Gänze abzudecken". Die Bank berechnete das Delta, also die Deckungslücke, mit 69.235 Euro. Sie teilte der Kundin weiters mit, dass von ihr "zusätzliche Mittel eingebracht werden müssen oder Verhandlungen über eine Anpassung der bestehenden Kreditvereinbarung bzw. über den Abschluss einer neuen Vereinbarung zu führen sind".
Ein Bauspardarlehen
Die Bankkundin hatte 1994 ein Wüstenrot-Bauspardarlehen in Höhe von 150.000 Euro aufgenommen, um eine Eigentumswohnung zu finanzieren. Fünf Jahre später sollen ihr eine Bank-Austria-Mitarbeiterin und ein AWD-Berater vorgerechnet haben, dass andere Finanzierungskonstruktionen günstiger kommen. "Auf Empfehlung" der beiden Berater soll das Darlehen auf einen Frankenkredit (rund 159.880 Euro) umgeschuldet worden sein, als Tilgungsträger wurden eine fondsgebundene Skandia- und eine Clerical-Medical-Lebensversicherung ausgesucht. In Letztere zahlte die Kreditnehmerin 58.000 Euro ein. Ein Jahr später soll der Kundin eine Konvertierung des Frankenkredits in japanische Yen (Kosten: 4000 Euro) und 2004 eine Rekonvertierung in Schweizer Franken angedient worden sein. Zugleich wurde ihr ein weiterer Tilgungsträger (Skandia Lebensversicherung) ans Herz gelegt und dieser abgeschlossen.
Außerdem soll der "bestehende Kontorahmen" der Bankkundin in einen zweiten Franken-Kredit (Gegenwert: 37.000 Euro) umgewandelt worden sein. Laut Klage soll in den aufgezählten Finanzierungsfällen "jegliche Risikoaufklärung der Kundenbetreuer unterblieben sein". Dem Vernehmen nach werden die Vorwürfe bestritten. Nach Angaben von Anwalt Klauser wollte seine Mandantin "absolut kein Risiko eingehen", da sie ihre gesamten Ersparnisse in die Wohnung investierte, in der sie auch lebt. Eine Hypothek auf die Wohnung dient als zusätzliche Sicherheit für den Kredit.
231.880 Euro Schulden
"Insgesamt haftet beim derzeitigen Franken-Euro-Wechselkurs ein Gesamtbetrag von 231.880 Euro aus, dem ein Tilgungsträger-Gesamtwert von 72.763 Euro gegenübersteht", rechnet Klauser vor. Laut Bank Austria und AWD ist die Klage (23 Cg 50/12x) noch nicht zugestellt worden, laut Gericht soll die Klage noch am Donnerstag abgefertigt worden sein.
"Wir werden die Klage nach Zustellung prüfen", sagt AWD-Sprecher Hansjörg Nagelschmidt. Und Bank-Austria-Sprecher Martin Halama erklärt: "Aufgrund unserer Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses ist es uns grundsätzlich untersagt, ohne ausdrückliche und schriftliche Zustimmungserklärung der Kundin dazu eine Stellungnahme abzugeben." Zusatz: "Im Übrigen halten wir fest, dass uns die Klage mit dem angeführten Aktenzeichen gar nicht bekannt ist."