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Fragwürdige Wahlbeobachter

Von Anton Shekhovtsov

Gastkommentare

Der Kreml versucht im Rahmen der russischen Präsidentschaftswahlen, die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim zu legitimieren.


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Am 23. Februar hat die Neos-Nationalratsabgeordnete Stephanie Krisper eine Parlamentarische Anfrage zu den russischen Präsidentschaftswahlen am 18. März gestellt. Dabei ging es um die Frage, ob - wie von der russischen Zeitung "Izvestiya" behauptet - Wahlbeobachter aus Österreich auf die Krim entsandt werden. Die internationale Gemeinschaft erkennt die unrechtmäßige Annexion der Krim durch Russland im März 2014 nicht an. Somit wird keine seriöse Organisation wie das OSZE-Office for Democratic Institutions and Human Rights (ODIHR) eine Wahlbeobachtungsmission für die russischen Präsidentschaftswahlen auf die Halbinsel entsenden. Ihre Anwesenheit auf der Krim hätte den russischen Okkupanten einen gewissen Grad an internationaler Rechtmäßigkeit geliefert.

Der Schweizer Politiker und frühere OSZE-Vorsitzende Didier Burkhalter hat dazu betont, dass das Referendum auf der Krim vom 16. März 2014, dem zwei Tage später die Annexion der Halbinsel folgte, gegen die ukrainische Verfassung und das internationale Recht verstoße und als unrechtmäßig definiert werden müsse. Heute, vier Jahre später, versuchen die russischen Behörden, die Legitimität des Wahlvorgangs auf der annektierten Krim zu beweisen. Es herrscht kein Zweifel darüber, dass russische Bürger die Wahlen vor Ort beobachten werden, aber für den Kreml scheint es von Bedeutung zu sein, auch internationale Beobachter vor Ort zu haben. Im Dezember kündigte Leonid Sluzki, der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses des russischen Parlaments, an, Abgeordnete aus Frankreich, Italien, Tschechien, Zypern und Österreich würden zur Wahlbeobachtung auf die Krim reisen.

Leonid Sluzki, der Strippenzieher

Dem Autor liegt dazu eine Einladung des European Council on Democracy and Human Rights (ECDHR) mit Sitz in Warschau vor, die einen Hinweis auf Moskauer Operationen liefert, die Wahlen auf der Krim im März international legitimieren zu wollen. Dem vom ECDHR ausgestellten Dokument zufolge hat das russische Parlament internationale Wahlbeobachter eingeladen. Darin wird die Russian Peace Foundation (RPF) als "Russischer Partner und offizielle Behörde der Wahlbeobachtungsmission" des ECDHR erwähnt.

Vorsitzender der RPF ist niemand anderer als Sluzki, seines Zeichens Mitglied einer rechtsextremen Partei mit dem irreführenderen Namen Liberal-Demokratische Partei Russlands (LDPR), deren Vorsitzender Wladimir Schirinowski ist. Sluzki, der neulich von drei russischen Journalistinnen der sexuellen Belästigung beschuldigt wurde, war es auch, der 2014 eine Delegation aus 25 russischen Abgeordneten anführte, um das Referendum auf der Krim zu beobachten. Und es war seine RPF, die die Reisen des Wladimir-Putin-freundlichen französischen Abgeordneten Thierry Mariani im April 2015 nach Russland und im Juli desselben Jahres auf die Krim zur Gänze bezahlte. Interessanterweise war es auch Sluzki, der 2017 die Chefin des französischen rechtsextremen Front National, Marine Le Pen, nach Moskau einlud, wo sie zwei Wochen vor dem ersten Wahlgang der französischen Präsidentschaftswahlen Putin zu einem Gespräch traf.

Einladungen an europäische Abgeordnete

Falls Sluzki zu den Organisatoren der russischen Beobachtermission auf der Krim 2014 zählte, wurde die Auslandsmission von europäischer Seite vom polnischen European Centre for Geopolitical Analysis (ECGA) koordiniert, dessen Vorsitzender der Rechtsextremist Mateusz Piskorski ist. Dieser ist seit Mai 2016 in Haft, die polnischen Sicherheitsbehörden bereiten eine Anklage wegen Spionage für Russland vor. 2015 gründete Piskorski die Pro-Kreml-Partei Zmiana ("Veränderung"), die rechtsextreme politische Ideen mit linkem wirtschaftlichen Populismus kombiniert.

Da Piskorski im Gefängnis ist, kann sein ECGA keine Wahlbeobachtung für die russischen Behörden betreiben, die Aktivitäten wurden nun vom ECDHR übernommen. Dieses hat nun im Namen russischer Behörden und der RPF Einladungen an europäische Abgeordnete ausgeschickt. Der Vorsitzende der polnischen Organisation, Janusz Niedzwiecki, ein Mitglied von Piskorskis Partei, war seit 2015 an mehreren Kreml-Annäherungen beteiligt. Er hat nicht nur Kontakte zu Sluzki, sondern auch mit der russischen rechtsextremen Bewegung "Essence of Time".

Im September 2017, als in Russland Regionalwahlen stattfanden, lud Niedzwieckis ECDHR Mitglieder der euroskeptischen rechtspopulistischen Fraktion "Europa der Freiheit und der direkten Demokratie" im EU-Parlament als Wahlbeobachter ein. Ein Mitglied dieser Fraktion, der in Russland geborene Pavel Gamov von den rechtsextremen Schwedendemokraten, nahm die Einladung an. Gamovs Beobachtermission in der Region Moskau hatte einen Skandal zur Folge: Er stellte den Organisatoren Rechnungen für Unmengen von Alkohol und ließ sie in einem separaten Hotel Zimmer für seine weiblichen Bekanntschaften buchen. Gamov musste sich später öffentlich für sein Verhalten in Moskau entschuldigen.

"Fake-Wahlbeobachtung" ist ein altes Geschäft, an dem leider in den vergangenen Jahren auch österreichische Politiker beteiligt waren. Ewald Stadler (früher FPÖ, dann BZÖ, heute Rekos-Vorsitzender) und sein Mitarbeiter Robert Stelzl beobachteten 2012 die international nicht anerkannten Präsidentschaftswahlen in Bergkarabach. Im selben Jahr reiste der BZÖ-Politiker Gerhard Huber gemeinsam mit Nick Griffin von der rechtsextremen British National Party und Fabrice Beaur von der National-European Communitarian Party aus Belgien zu den Parlamentswahlen in die Ukraine.

Kratzer an Österreichs internationalem Image

2014 fungierten Johann Gudenus, Johannes Hübner und Stadler beim Krim-Referendum als Wahlbeobachter. Im Herbst desselben Jahres reiste Stadler auch zu den unrechtmäßigen Parlamentswahlen in die von Russland okkupierten Regionen in der Ostukraine. Weitere Wahlbeobachter aus Österreich waren die FPÖ-Politiker Hans-Jörg Jenewein 2015 im Rahmen der Parlamentswahlen in Bergkarabach sowie Gerhard Dörfler und Wolfgang Jung beim Referendum in Bergkarabach 2017.

Die Teilnahme österreichischer Politiker an solchen "Fake-Wahlbeobachtungsmissionen" kratzt am internationalen Ruf Österreichs. Eine mögliche Beteiligung österreichischer Politiker und besonders Abgeordneter bei der unrechtmäßigen Präsidentschaftswahl auf der Krim 2018 wird das Ansehen des Landes noch mehr untergraben. Somit sind die von den Neos geäußerten Sorgen verständlich und Krispers Parlamentarische Anfrage zur möglichen Beteiligung Österreichs ist durchaus gerechtfertigt.