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Fragwürdiger Verteidigungspakt

Von Anthony Stoppard

Politik

Johannesburg - Die 14 Mitglieder der Entwicklungsgemeinschaft Südliches Afrika (SADC) stehen kurz vor der Unterzeichnung eines Verteidigungspakts. Kritiker sind nicht begeistert über den neuen Vertrag, hätten einem Nichtangriffspakt den Vorzug gegeben und warnen die SADC-Staaten vor der Verwicklung in unzählige Konflikte.


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"Ich bin äußerst besorgt über dieses jüngste Vorhaben der Regierungen im südlichen Afrika", sagt Hussein Solomon, Dozent für Afrika-Politik an der Universität im südafrikanischen Pretoria, über das Abkommen, das noch in diesem Monat auf einem Treffen der SADC-Verteidigungsminister in Malawi endgültig unterzeichnet werden soll.

Auch er hätte es lieber gesehen, wenn sich die SADC-Staaten - Angola, Botswana, die Demokratische Republik Kongo (Kongo-Zaire), Lesotho, Malawi, Mauritius, Mosambik, Namibia, Sambia, die Seychellen, Simbabwe, Südafrika, Swasiland und Tansania auf den gegenseitigen Nichtangriff geeinigt hätten.

Eine Warnung ist Solomon vor allem der Konflikt im ehemaligen Zaire, in den seit 1998 drei SADC-Staaten - Angola, Namibia und Simbabwe - verwickelt sind. "Ihr Eingreifen hat wenig mit Bemühungen um Frieden zu tun", so der Afrika-Experte. Die Staaten unterstützten die Regierung von Joseph Kabila einzig und allein aus politischen und mehr noch aus wirtschaftlichen Gründen.

Genau das bestätigt ein Bericht der Vereinten Nationen vom März. Der Report legt dar, dass das Hauptmotiv aller Beteiligten am Kongo-Konflikt - neben den drei SADC-Staaten sind auch Ruanda und Uganda präsent - der Wettstreit um Rohstoffe ist. Vornehmlich dürfte es um Gold und Diamanten gehen.

Trojanisches Pferd für Diktatoren?

Auch aus der langsam aber sicher in Richtung Bürgerkrieg driftenden Krise in Simbabwe sollten sich die anderen SADC-Staaten nach Auffassung von Solomon besser heraushalten. Tritt der neue Vertrag in Kraft, könnte der simbabwische Staatspräsident Robert Mugabe allerdings auf Hilfe aus der Nachbarschaft bestehen. Denn das Abkommen sieht eine Einschaltung der SADC-Partnerländer nicht nur bei Bedrohung von außen vor, sondern auch im Falle von Konflikten untereinander und bei internen Auseinandersetzungen.

Krisen wie die in Simbabwe, wo selbst ernannte Veteranen und Freunde der Regierung Mugabe gegen oppositionelle Kräfte und im Namen einer umstrittenen Landreform gegen weiße Großgrundbesitzer vorgehen, brauchen nach Auffassung von Solomon eine unabhängige Friedensmission mit Absegnung durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.

Vor jeder selbstgestrickten Aktion kann Solomon nur warnen. Auch sieht er Schwierigkeiten praktischer Art. So sind in dem neuen Vertrag eine enge militärische Zusammenarbeit der SADC-Staaten, gemeinsame Kommando- und Kontrollstrukturen und Trainingseinheiten geplant, aber die jeweiligen Armeen sind äußerst unterschiedlich organisiert. Probleme erwartet Solomon vor allem, weil einige SADC-Staaten von Zivilisten überwachte Berufsarmeen haben, andere aber als Streitaxt der Staatsführung auftreten.

Für Sam Mkhwanazi, Sprecher der südafrikanischen Streitkräfte, ist zumindest die Frage nach autorisierten Friedensmissionen kein Anlass zur Warnung. Ihm zufolge verlangt der Verteidigungspakt, dass ein militärisches Eingreifen nur nach Ausschöpfung aller diplomatischen und politischen Mittel und keinesfalls ohne die Zustimmung aller regionalen und kontinentalen Organisationen wie der SADC und der Afrikanischen Union (AU) stattfinden darf. Außerdem müssten auch die Vereinten Nationen noch ihren Segen geben.

Südafrikas Staatspräsident Thabo Mbeki gilt als die treibende Kraft hinter dem Verteidigungspakt. Das Abkommen ist einer der Pfeiler der 'New African Initiative', eines von Mbekis Lieblingsprogrammen, das die soziale und wirtschaftliche Entwicklung des schwarzen Kontinents vorantreiben soll.