Die darniederliegende französische Opposition hatte vor der Parlamentswahl vor einem konservativen Tsunami gewarnt. Und wie das bei Tsunamis so ist: Erst sieht man sie kommen und dann fahren sie auch über jeden drüber, der sich nicht rechtzeitig in Sicherheit gebracht hat.
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Die Wahlen am Sonntag haben der konservativen Partei von Präsident Nicolas Sarkozy den prognostizierten großen Erfolg gebracht. 98 der Kandidaten der UMP haben im ersten Durchgang die absolute Mehrheit erlangt und bereits fix ihren Sitz im Parlament. Das ist gerade einmal einem einzigen Kandidaten der Sozialisten gelungen. Gerettet haben sich die Kandidaten der aus der zentrums-liberalen Partei UDF hervorgegangenen Fraktion Neues Zentrum. Sieben von ihnen haben einen fixen Platz in der Assemblée Nationale. Weitere 18 dürfen sich ebenfalls auf einen Einzug freuen. Dies ist die Belohnung dafür, dass sie im Verbund mit Sarkozys UMP antreten.
Dass die Folgewelle beim zweiten Durchgang am kommenden Sonntag für die Opposition ebenso verheerend sein wird, wie die erste, bezweifelt kaum jemand. Damit gibt das französische Volk Sarkozy volle Handlungsfreiheit, seine Reformen durchzusetzen.
Für den Präsidenten ist nun die Stunde der Wahrheit gekommen. Denn getreu seiner eigenen Leistungsmaxime kann es nun auch für ihn keine Entschuldigungen mehr geben, wenn es darum geht, Frankreich zu wirtschaftlichem Aufschwung zu verhelfen und den sozialen Unfrieden zu bekämpfen. Bisher war ihm das ja nicht gelungen, obwohl er schon Minister für Wirtschaft, Industrie und Finanzen war, obwohl er Innenminister war.
Doch die Chancen stehen gut. Allzu oft sind in der Vergangenheit Reformpläne am Druck der Straße gescheitert, doch wenn Sarkozy nun handelt, ist es anders. Bei drei Wahlen wurden er und seine Partei von einer teils großen, teils überwältigenden Mehrheit gewählt. Und das im vollen Bewusstsein, dass nun mitunter schmerzhafte Reformen folgen werden.
Somit kann Sarkozy allfällige Demonstrationen als antidemokratische Aufmärsche abstempeln. Besonders fürchten braucht Sarkozy die Proteste ohnedies nicht. Denn einerseits hat er bereits bei den Unruhen nach seiner Wahl zum Präsidenten gezeigt, dass er mit seinem medialen Einfluss und seiner exekutiven Autorität die Macht hat, die Aufstände zumindest politisch klein zu spielen.
Andererseits ist die Opposition viel zu geknickt, als dass großer Gegendruck zu erwarten wäre. Jeder Widerstand scheint gebrochen und alles entschieden zu sein. Das spiegelt sich auch in der Rekordenthaltung von 40 Prozent bei der Parlamentswahl wider.
Unpopuläre Maßnahmen setzt man am besten am Anfang der Regierungsperiode, besagt eine alte Politiker-Regel. Und genau dafür hat Sarkozy ohne Wenn und Aber die Bahn frei.