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Frankreich hart rechts

Von Alexander U. Mathé

Politik

Bei den Departementswahlen könnten die Rechtspopulisten von FN nach der Europawahl erneut stärkste Kraft werden.


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Paris. Frankreich wählt am Sonntag seine Departementsvertreter. Für die einen gibt es eine schlechte und eine gute Nachricht, für die anderen eine gute und eine schlechte - je nach dem, auf welcher Seite man steht. Die rechtspopulistische Nationale Front (FN) dürfte nämlich laut Meinungsforschern die stimmenstärkste Partei werden; ob sie indes überhaupt auch nur einen einzigen der Räte stellen wird, ist aufgrund des französischen Mehrheitswahlrechts ungewiss. Viele werden es jedenfalls nicht sein.

Bis zu 33 Prozent der Stimmen werden der FN vorhergesagt. Die bürgerliche Opposition bestehend aus konservativer UMP und der Zentrumspartei UDI kommt in den Umfragen auf 29 Prozent. Übel sind hingegen die Aussichten für die regierenden Sozialisten (PS). Laut Prognosen dürften sie nicht einmal auf 20 Prozent der Stimmen kommen. Verheerend dürfte die Wahl für die PS auch deshalb werden, weil die linke Allianz zerrüttet ist. Und so machen in fast allen Wahlkreisen Grüne und Linksfront den Sozialisten Konkurrenz.

Sozialisten bedrängt

Den Bürgerlichen steht in Folge ein großer Sieg ins Haus. In 41 der 101 Departements stellen sie derzeit die Mehrheit. Nach den Wahlen könnten es bis zu 70 sein. Zwar ist der Sieg der Opposition bei den Departementswahlen grundsätzlich eher die Regel, als die Ausnahme. Traditionell machen die Franzosen nämlich bei diesen Zwischenwahlen ihrem Ärger über die Regierung Luft. Doch eine Niederlage der Sozialisten könnte nationale Breitenwirkung entwickeln.

Sowohl Präsident François Hollande als auch sein Premierminister Manuel Valls haben sich stark in dem Wahlkampf engagiert und vor allem gegen die FN mobil gemacht. Eine Niederlage färbt daher auch auf sie ab. Zwar ist Valls’ Posten angeblich gesichert, doch eine Regierungsumbildung nach den Wahlen gilt als ausgemachte Sache. Nach derzeitigem Stand der Meinungsforscher würde es Hollande bei der Präsidentschaftswahl in zwei Jahren nicht ins Stechen schaffen, das sich UMP und FN untereinander ausmachen würden. FN-Chefin Marine Le Pen frohlockt bereits: "Wir werden die Departementswahlen gewinnen, in ein paar Monaten holen wir uns die Regionalwahlen, dann erobern wir den Elysée-Palast und die Nationalversammlung."

FN sucht breite Basis

An Realismus gewinnen solche Aussagen dadurch, dass es der FN bereits bei der letzten Europawahl gelungen ist, zur stimmenstärksten Partei zu avancieren. Gleichzeitig können sich offenbar immer mehr UMP-Anhänger vorstellen, mit der FN eine Allianz zu schmieden.

Realpolitisch wird das prozentual starke Abschneiden den Rechtspopulisten wenig bringen Schon die Eroberung eines einzigen Departements könnte die FN als Sieg feiern. Die Strategie Le Pens zielt aber darauf ab, ihre Partei erst einmal überall in Frankreich einzurichten und sich eine Wählerbasis zu schaffen. Erst danach könnte sie dauerhaft nach der Macht greifen.

Am Sonntag werden die Departementräte in Frankreich gewählt, also die politischen Beschlussorgane dieser Gebietskörperschaften. Frankreich hat 101 Departements. Die Bewohner der Hauptstadt Paris können am Sonntag nicht wählen, denn hier ist der Stadtrat gleichzeitig Departementrat. Gleiches gilt für den Großraum Lyon. Insgesamt schicken die Franzosen 4108 Vertreter in die Departementräte. Jedes Departement besteht aus mehreren als Kanton bezeichneten Wahlkreisen, von denen es insgesamt 2054 gibt. Erstmals müssen die Parteien in jedem der Kantone ein Kandidatenpaar aufstellen, das aus einem Kandidaten und einer Kandidatin besteht - es gilt die strikte Parität. Gewählt werden die Kandidaten für sechs Jahre. Für einen Sieg im ersten Wahlgang braucht ein Kandidatenpaar mindestens 50 Prozent der abgegebenen Stimmen und zugleich die Stimmen von mindestens 25 Prozent der im Kanton eingeschriebenen Wähler. Gelingt dies keinem Kandidatenpaar, entscheidet der zweite Wahlgang am 29. März. In dieser Stichwahl treten dann die Erst- gegen die Zweitplatzierten an. Drittplatzierte, die im ersten Wahlgang 12,5 Prozent der Stimmen der eingetragenen Wähler erreichen, kommen ebenfalls in die zweite Wahlrunde, bei der eine einfache Mehrheit reicht. Derzeit sind die Departements unter anderem für soziale Leistungen zuständig, etwa die Mindestsicherung oder Hilfe für Kinder. Sie sind auch für Bau von Schulen und Landstraßen zuständig und bei der Tourismusförderung aktiv.

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