Xavier Niel: unkonventionell, Mäzen künftiger Informatikgenies und zufriedener Unternehmer in Frankreich.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Großunternehmer gehören in Frankreich zu den eher unbekannten Zeitgenossen. Dazu aufgefordert, einen zu benennen, fiel bei einer Umfrage gerade einmal 27 Prozent ein Name ein. Da spricht es für sich, auf der exklusiven Liste von Genannten ganz oben zu stehen. Das ist in diesem Fall Xavier Niel. Der 47-Jährige ist laut Forbes-Liste der neuntreichste Franzose. Das erste Mal witterte Niel in den 1980er Jahren das große Geld. Zu jener Zeit, als er aufs Gymnasium ging, erkannte er, dass sich der damals beliebte interaktive Onlinedienst Minitel (der in Österreich als BTX bekannt war) auch recht gut dazu verwenden ließ, Dienste sexueller Natur - von Peep-Shows bis Sexshops - anzubieten. Diesem Unternehmen opfert er auch sein Vorbereitungsstudium für eine französische Eliteuniversität. Mit der Verbreitung des Internets setzte er den nächsten Schritt: Er gründete den Internetanbieter Iliad, der heute über seine Tochter Free auch Mobiltelefonie anbietet und im Jahr 2013 einen Umsatz von knapp vier Milliarden Euro erwirtschaftete. Er ist der zweitgrößte Internetanbieter in Frankreich. Im Dezember 2010 machte Niel einen Ausflug in eine andere Sparte als Computer und Internet und übernahm mit einer Gruppe weiterer französischer Unternehmer die französische Qualitätszeitung "Le Monde". Nun, da er reich und erfolgreich ist, will Niel auch anderen jungen Leuten die Chance geben mit Computer und Co. groß rauszukommen. Dafür hat er eine eigene Privat(hoch)schule gegründet, die École 42. Motto: "Born to code" - zum Programmieren geboren. Mehr als 60 Millionen Euro hat Niel vor einem Jahr in ihre Gründung investiert. Unkonventionell ist gar kein Ausdruck für diese Bildungseinrichtung. Die Ausbildung ist für die fast 1700 Schüler gratis, ein Viertel davon hat keine Matura. Willkommen ist jeder von 18 bis 30, der einen Eingangstest besteht. Die Schule ist rund um die Uhr geöffnet und das Konzept "learning by doing", bei dem nicht klassisch Wissen vermittelt wird, sondern die Eleven einfach einmal darauf losprogrammieren. Dass Niel unkonventionell ist, bestätigte er erst vor kurzem in einem Fernsehinterview mit dem Sender "BFM Business". Darin erklärte er: "Frankreich ist ein Steuerparadies." Die Kapitalertragsteuer betrage lediglich 23 Prozent und wolle man das Unternehmen seinen Kindern vermachen, sei man lediglich mit einer Steuerlast von 5 bis 7 Prozent konfrontiert. Unterm Strich "ist es leichter, seine Firma in Frankreich zu gründen als in den Vereinigten Staaten". Mit einer erfrischenden Offenheit erklärte er, dass man sich dafür schon einmal die Gesetze zurechtbiegt. "Das muss man tun, um sie in Bewegung zu bringen. Man darf die rote Linie zwar nicht überschreiten, aber man darf sie ausreizen." Ein kleines Geheimnis des Erfolges ist also gelüftet.