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Frankreich: Konservative Sprinter und sozialistische Marathonläufer

Von Alexander U. Mathé

Analysen

Wen Gott strafen will, dem erfüllt er seine Wünsche. Angesichts eines sich abzeichnenden Erdrutschsiegs der französischen Rechten bei den Parlamentswahlen hatte der konservative Premierminister François Fillon noch die Anhänger der Linken zur Wahl ermuntert. Damit sollte eine Auslöschung der Opposition verhindert werden.


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Bei der von einer Welle der Selbstsicherheit getragenen UMP ging man sogar soweit, eine unpopuläre Anhebung der Mehrwertsteuer ins Auge zu fassen - noch bevor die Parlamentswahl geschlagen war. Darin liegt sicher ein Teil der Erklärung dafür, warum die Rechte den ihr prognostizierten überragenden Erfolg nicht eingefahren hat.

Eine weitere Komponente ist die Spannung, die die Rechte kurz vor der Ziellinie nicht mehr aufrechthalten konnte. Die Wahlkampfmaschine von Nicolas Sarkozy ist bereits vor Jahren angelaufen. Sie nährte sich von der innerparteilichen Kontroverse mit dem damaligen Premier Dominique de Villepin, später von der Konfrontation mit der sozialistischen Gegnerin Ségolène Royal. In Medien jagte eine Schlagzeile die andere.

Doch mit dem klaren Sieg Sarkozys bei den Präsidentschaftswahlen und dem Zusammenbruch der Opposition versiegte der Quell politischer Mobilisierung. Alles galt bereits als entschieden. Dies schien auch der erste Durchgang der Parlamentswahlen zu bestätigen, bei dem bereits 98 UMP-Abgeordnete eine absolute Mehrheit erreichten, jedoch nur ein Kandidat der Sozialisten. Damit war bei den Konservativen die Luft draußen, Medien interessierten sich, wenn überhaupt, nur noch für Einzelschicksale irgendwelcher Provinzkandidaten.

Davon haben die Sozialisten profitiert, die ihre Klientel mit der Warnung vor einem allmächtigen Sarkozy zu den Urnen treiben konnten. In Ermangelung einer stärkeren Volksmobilisierung hatte Fillon den Druck auf die Regierungsmitglieder erhöht, die er entlassen wollte, sollten sie in ihrem Wahlkreis verlieren. Dieser Schuss ging jedoch nach hinten los, denn Sarkozy muss nach der Niederlage Alain Juppés einen neuen Vizepremier und Superminister für Umwelt finden.

Dennoch: Viel ändert sich für die UMP nicht. Denn die Verfassungsmehrheit in Frankreich liegt bei drei Fünfteln in Nationalversammlung und Senat zusammen und die schien nur schwer erreichbar zu sein.

Auf der Suche nach den nötigen Partnern hat die UMP schon einige Oppositionelle ins Boot geholt. Angesichts des Erstarkens der Sozialistischen Partei stellt sich jedoch die Frage, wer jetzt noch an Bord kommen will. Dennoch bleiben Sarkozy und der UMP noch genügend Verbündete im bürgerlichen Lager, wie zum Beispiel das Neue Zentrum und liberale Senatoren. Diese Partner werden für eine komfortable Regentschaft Sarkozys sorgen, der seinerseits nun wohl mehr Kooperationsbereitschaft an den Tag legen wird müssen als erwartet.