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Französische Haltung wurde in den letzten Tagen hinterfragt.
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Fast vier Monaten nach dem internationalen Militäreinsatz in Libyen unter Führung der NATO haben die französischen Abgeordneten der Weiterführung der Operationen heute, Dienstag, in einer Parlamentsdebatte zugestimmt. Die oppositionellen Sozialisten und regierende Konservativen sind von der Rechtmäßigkeit des NATO-geführten Einsatzes überzeugt.
Die Definition der Ziele und der Mittel des Einsatzes sowie die Bestimmung der Bedingungen eines politischen Auswegs aus der aktuellen Krise, waren zentrales Thema der Debatte in der Nationalversammlung. In den letzten Tagen wurde von einer möglichen neuen französischen Kursänderung gesprochen. Am 10. Juli hatte der französische Verteidigungsminister Gérard Longuet behauptet, Frankreich könnte die Angriffe einstellen, sobald die Anhänger Gaddafis und die Rebellen Verhandlungen eröffnen. Es sei die Zeit gekommen, "sich am Tisch zu setzen." "Wir beenden das Bombardement, wenn die Libyer untereinander verhandeln und die Soldaten beider Seiten in die Kasernen zurückgekehrt sind", hatte Longuet im TV Sender BFM TV am Sonntagabend erklärt.
Verwirrende Kakophonie
Der französische Außenminister Alain Juppé stellte aber am Dienstag im Radiosender France Info fest, dass die Bedingungen eines Waffenstillstands noch nicht vorhanden wären. Dabei handle es sich um "den Rücktritt der Truppen in den Kasernen, eine Kontrolle der Vereinigten Nationen und eine Erklärung Gaddafis, nach der er sich von der politischen und militärischen Macht zurückzieht." Mit diesen Worten wollte der französische Außenminister die Debatte eines möglichen Verzicht Frankreichs auf den Sturz des sogenannten "Reformationsführers" schließen.
Am Sonntag hatte eine Äußerung von Verteidigungsminister Gerard Longuet vermuten lassen, die Abdankung Gaddafis sei keine notwendige Voraussetzung zum Ende der Angriffe. "Er wird dann eben in einem anderen Raum seines Palastes sein und einen anderen Titel führen" antwortete Longuet auf die Frage, ob die Verhandlungen ohne Sturz Gaddafis durchgeführt werden sollten. Schon am nächsten Tag hatte der Sprecher des Außenministeriums diese Aussage aber korrigiert und gemeint, "jede politische Lösung hat zur Voraussetzung den Regierungsrücktritt Gaddafis und sein Verzicht auf jede politische Rolle".
Paris dementiert Direktverhandlungen mit Tripolis<br style="font-weight: bold;" /> Das Außenministerium hat auch verdächtigte Direktverhandlungen mit Tripolis zurückgewiesen. In einem am letzten Freitag gegebenen Interview mit der algerischen Zeitung " El Khabar" hatte der zweite Sohn Gaddafis und offiziöser Regierungssprecher des libyschen Regimes Saif al Islam mitgeteilt, Tripolis führe direkte Verhandlungen mit Paris. "Die Wahrheit ist: Wir verhandeln mit Frankreich, nicht mit den Rebellen", sagte er in der am 11. Juli erschienenen Zeitung. Das französische Außenministerium hat diese Angaben sofort dementiert und von bloßen "Botschaften" gesprochen. Paris will eine klare außenpolitische Linie in dieser Frage deutlich machen. Fraglich bleibt jedoch, ob dies gelingt oder eher der Eindruck eines außer Kontrolle geratenen Militäreinsatzes entsteht.
Der "kurze" Militäreinsatz dauert noch
Weder Frankreich noch die westliche Allianz hatten tatsächlich mit einem so langen Widerstand des seit 41 Jahren regierenden Diktators gerechnet.
Am 19. März hatten Frankreich, die USA und England die Führung bei dem unter dem Schirm der Vereinigten Nationen geplanten Militäreinsatzes übernommen. Es ging darum, gemäß der UNO-Resolution 1973 eine Flugverbotszone zum Schutz der libyschen Bevölkerung vor Gaddafis Truppen einzurichten. Und nach den Worten des französischen Außenministers am 23. März sollte die Operation "von kurzer Dauer" sein.
Solche Wünsche sind schnell in Vergessenheit geraten. Trotz einigen militärischen wie politischen Erfolgen (wie die Einsetzung des Übergangsrats der libyschen Rebellen in Bengasi und seine offizielle Anerkennung durch ca. zwanzig Staaten) haben die Aufständischen den Sturz Gaddafis nach dem Anfang der Kämpfe Ende Februar noch nicht erreicht.
Nach dem französischen Wochenblatt "Le Canard Enchainé" und den britischen "Guardian" hätte der französische Präsident auf einen endgültigen Sieg vor dem 14. Juli gehofft. Frankreich hat sich in diesem Konflikt stark engagiert, die Kosten belaufen sich bis jetzt auf 160 Millionen Euro und die Durchführung der Operationen sorgt für immer mehr Kritik in Frankreich.