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Frankreich stärkt politischen Rand

Von Alexander U. Mathé

Europaarchiv
Grünen-Urgestein Daniel Cohn-Bendit hat Grund zur Freude: Seine Partei könnte sich nachhaltig in Frankreich etabliert haben. Foto: ap/Thibault Camus

Sozialisten liegen klar in Führung. | Zweite Wahl findet am 21. März statt. | Paris/Wien. Frankreich hat nach dem ersten Durchgang der Regionalwahlen am Sonntag zwei strahlende Gewinner gesehen: Die Grünen und die rechtspopulistische Front National. Nicht, dass eine der beiden Parteien eine realistische Chance hätte, tatsächlich auch nur einen der 26 Regionalpräsidenten zu stellen. Das werden wie erwartet zum Großteil - vielleicht sogar zur Gänze - Sozialisten sein. Doch die beiden kleineren Parteien haben ihr politisches Gewicht mit ihrem guten Abschneiden außerordentlich vergrößert.


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Besonders tiefgreifend dürfte der Erfolg der grünen Liste Europe Ecologie sein. Sie konnte mit knapp 13 Prozent der Stimmen beweisen, dass ihr starkes Abschneiden bei den Europawahlen letztes Jahr kein Zufallserfolg oder europäisches Phänomen war. Nun sieht es ganz danach aus, als wäre die französische Parteienlandschaft fix um einen Mitspieler erweitert, der bei den letzten Parlamentswahlen gerade einmal 3,25 Prozent der Stimmen erhalten hat.

Das bekamen sogleich die Sozialisten zu spüren, die mit 29,5 Prozent der Wähler stärkste Kraft nach dem Votum am Sonntag waren. Sie sehen sich nun einem harten Verhandlungspartner bei Listenzusammenschlüssen gegenüber. Beim zweiten Wahldurchgang am kommenden Sonntag dürfen nur noch Listen antreten, die im ersten Wahlgang mindestens zehn Prozent der gültigen Stimmen erhalten haben. Listen, für die mindestens fünf Prozent der Wähler gestimmt haben, können sich für die zweite Runde mit einer der größeren Listen zusammenschließen.

Grüne fordernmehr politische Macht

Diese Zusammenschlüsse wollen die Grünen im Austausch für politisches Kapital teuer verkaufen. Ihre Unterstützung müsste den Sozialisten schon einiges wert sein, etwa Vizepräsidentschaften in den Regionen oder die Budgethoheit über die wirtschaftliche Entwicklung oder Bildung.

Völlig anders gestaltet sich die Situation im rechten Block. Geradezu traditionsgemäß entlud sich die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Regierungspartei an den Regionalwahlen. Die konservative UMP erhielt gerade einmal 26,3 Prozent aller Stimmen. Nichts Neues: Schon bei den letzten Wahlen hatte sie gerade einmal das Elsass und Korsika für sich entscheiden können, die anderen Regionen gingen an die Sozialisten.

Zwar hat die UMP bei den Wahlen am Sonntag in 10 der 26 Regionen die Mehrheit erlangt, doch wird stark bezweifelt, dass sie sich im zweiten Wahlgang halten wird können. Im Gegenteil: im Elsass kündigt sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der linken Liste an. So könnte die UMP am Ende höchstens noch in einer einzigen Region den Präsidenten stellen.

Auf starke Zusammenschlüsse wie zwischen Sozialisten und Grünen kann die UMP nicht zurückgreifen. Denn die einzige weitere starke Partei des rechten Lagers, die Front National (FN), hat Bündnisse mit der UMP ausgeschlossen. Die FN mit ihrem Polit-Urgestein Jean-Marie Le Pen hat sich mit fast 12 Prozent der Stimmen auf der politischen Bühne zurückgemeldet. Sie haben es geschafft, die ihnen prognostizierten 9 Prozent noch zu übertreffen, die an sich schon für Staunen gesorgt hatten.

Der zweite Wahlgang findet am 21. März statt. Dazu aufgerufen sind die Wähler aller Regionen bis auf Guadeloupe. Dort haben die Sozialisten am Sonntag mehr als 56 Prozent der Stimmen erhalten, was einen zweiten Wahlgang unnötig macht.