Chaos im Schienen- und Luftverkehr. | Paris. Mit landesweiten Streiks und Demonstrationen hat in Frankreich ein neuer Protesttag gegen die von Präsident Nicolas Sarkozy geplante Pensionsreform begonnen. Bereits am Donnerstagvormittag legten zahlreiche Menschen die Arbeit nieder. Vor allem im Schienen- und Luftverkehr gab es erhebliche Behinderungen.
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An den Pariser Großflughäfen Charles de Gaulle und Orly wurde damit gerechnet, dass im Laufe des Tages 40 bis 50 Prozent der Kurz- und Mittelstreckenflüge gestrichen werden müssen. Auch Schulen, die Post und Unternehmen wie der Ölkonzern Total waren von Streiks betroffen.
An den Streiks beteiligten sich etwas weniger Beschäftigte als vor gut zwei Wochen. Laut Gewerkschaft CGT legten bei der Bahn bis mittags 49,8 Prozent der Beschäftigten die Arbeit nieder im Vergleich zu 51,8 Prozent am 7. September. Bei der Pariser Metro meldete die Unternehmensleitung ebenfalls weniger Streikende als vor zwei Wochen. Das Präsidialamt wertete die Zahlen als Zeichen dafür, dass die Franzosen die Rentenreform langsam akzeptierten.
Die französischen Gewerkschaften wollen mit den Protesten Änderungen der Reformpläne erzwingen, die eine deutliche Anhebung des Pensionseintrittsalters vorsehen. Wer mindestens 40,5 Jahre Beiträge gezahlt hat, kann derzeit in Frankreich bereits mit 60 Jahren die volle Pension kassieren. Diese Altersgrenze soll nun bis 2018 auf 62 Jahre angehoben werden. Wer nicht genug Arbeitsjahre nachweisen kann, soll zudem künftig erst mit 67 die volle Rente bekommen können. Bisher war dies bereits mit 65 Jahren möglich.
230 Veranstaltungen landesweit
Die Gewerkschaften hofften, im Laufe des Tages mehrere Millionen Menschen auf die Straße zu bringen. Landesweit waren rund 230 Veranstaltungen geplant. Die größte Demonstration sollte es am Nachmittag in Paris geben. Im südfranzösischen Toulouse versammelten sich am Vormittag laut Veranstaltern rund 120.000 Menschen, um gegen das Reformpaket zu protestieren. Die Polizei sprach von 25.000 Teilnehmern.
Nach am Donnerstag veröffentlichten Umfrageergebnissen unterstützen 63 Prozent der Franzosen die Streikenden. Beim vorherigen Protesttag am 7. September waren nach Gewerkschaftsangaben bis zu 2,7 Millionen Menschen auf die Straße gegangen. Das Innenministerium schätzte die Zahl der Demonstranten auf lediglich 1,1 Millionen.
Die Pensionsreform wurde bereits von der Nationalversammlung verabschiedet und gilt als wichtigstes Reformwerk von Präsident Sarkozy. Im nächsten Schritt wird sich Anfang Oktober der Senat mit ihr befassen. Nach Ansicht der Gewerkschaften und Teilen der Opposition gibt es andere Möglichkeiten, die Milliardenlöcher in der Sozialkasse zu stopfen. Unter anderem könnten die Kapitaleinkünfte und Gewinne von Banken stärker besteuert werden, heißt es. (APA/dpa/AFP)
Franzosen proben den Aufstand