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Frankreich will Alternativen zum Beitritt der Türkei

Von Martyna Czarnowska

Europaarchiv

Während das Treffen der EU-Staats- und -Regierungschefs | näher rückt, bei dem mögliche Beitrittsverhandlungen mit der Türkei fixiert werden sollen, wird die Debatte um eine Mitgliedschaft des Landes heftiger. Frankreich schlägt Alternativen zu einem Beitritt vor, was die Türkei ablehnt.


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Galt Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac als Befürworter eines raschen Verhandlungsbeginns mit der Türkei, muss er nun einer innenpolitischen Debatte Rechnung tragen. Eine Mitgliedschaft des Landes ist in Frankreich heftig umstritten, Gegner finden sich auch in den Reihen der Regierungspartei UMP. So plädierte Chirac vor wenigen Tagen für Alternativen zu einem Beitritt, sollte sich herausstellen, dass die Türkei die europäischen Werte nicht verinnerlicht hat. In diesem Fall sollten die Verhandlungen - wenn auch nicht die engen Verbindungen - unterbrochen werden.

Für eine "privilegierte Partnerschaft" hatte sich im Vorfeld bereits die deutsche CDU-Vorsitzende Angela Merkel ausgesprochen. Die Türkei lässt dies allerdings nicht gelten. Das Land erwarte eine klare Stellungnahme der EU- Staats- und Regierungschefs bei ihrem Treffen im Dezember sowie eine Fixierung des Datums für den Beginn der Verhandlungen, stellte Außenminister Abdullah Gül klar.

Während Albert Rohan, der Berichterstatter der so genannten Unabhängigen Türkei-Kommission, gestern einmal mehr die Bedeutung der Aufnahme der Türkei in die EU betonte, wies Bayerns Europaminister Eberhard Sinner auf die Gefahren einer Vollmitgliedschaft hin. Durch diese "wird das Ziel einer politischen Union endgültig zu Gunsten der undeutlichen Vision einer globalen Macht Europa aufgegeben", zitierte er aus einer Studie, die im Auftrag der bayrischen Landesregierung erstellt wurde.

Die Autoren bezweifeln, dass die Türkei die erforderlichen politischen Kriterien in den Bereichen Demokratie und Menschenrechte erfülle. Auch den wirtschaftlichen Anforderungen könne das Land in den kommenden Jahren kaum gerecht werden. "Selbst bei einer positiven Wirtschaftsentwicklung wird eine gewaltige Lücke zwischen der Türkei und der gegenwärtigen EU bleiben", heißt es.

Am 2. Dezember, noch vor dem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs, will das Europäische Parlament über die Verhandlungen mit der Türkei abstimmen. Das Ergebnis wird zwar keine rechtlichen Folgen haben. Als Signal an die Regierungen wollen es die Abgeordenten aber verstanden wissen.