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Frankreichs vorsichtige Lockerung

Politik

Beginnend mit 11. Mai sollen Kindergärten, Schulen und die meisten Geschäfte wieder aufsperren. Voraussetzung ist allerdings, dass die Ansteckungsrate weiter sinkt.


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Dass das Schlimmste vorerst überstanden sein dürfte, lässt sich auch an den Dächern von Notre-Dame ablesen. Dort sind seit Montag wieder Architekten und Bauverantwortliche unterwegs, um die Rückkehr jener Arbeiter vorzubereiten, die in den kommenden Jahren die vom Feuer so schwer in Mitleidenschaft gezogene Kathedrale wieder aufbauen sollen.

Doch nicht nur auf den Dächern der weltberühmten Kirche vollzieht sich derzeit nach mehr als sechswöchiger Zwangspause wieder ein kleiner Schritt in Richtung Normalität. Für die Franzosen dürften ab 11. Mai zumindest einige der Beschränkungen wegfallen, die die Regierung nach der explosionsartigen Zunahme der Corona-Infektionen Mitte März verordnet hatte.

So sollen laut Premierminister Edouard Philippe zunächst Kindergärten und Grundschulen öffnen. Die weiterführenden Schulen sollen dann schrittweise ab dem 18. Mai folgen. Für die Schüler soll es dann eine Maskenpflicht geben.

Geöffnet werden sollen ab 11. Mai auch die meisten Geschäfte mit Ausnahme von großen Einkaufszentren. Nicht aufsperren dürfen zunächst allerdings auch Restaurants und Cafés. Der Lockdown hätte zehntausenden Menschen das Leben gerettet, sagte Philippe. Nun sei es aber an der Zeit, die Schutzmaßnahmen zu lockern, um einen Kollaps der Wirtschaft zu verhindern. Frankreich müsse mit dem Virus leben lernen, sagte der Premierminister, der aus diesem Grund die Testkapazität in den nächsten Tag auf 70.000 pro Tag steigen will.

Mehr als 23.000 Tote

Die Regierung in Paris will dennoch vorsichtig bleiben. Voraussetzung für die Lockerungsmaßnahmen ist laut Philippe, dass die Rate der täglichen Neuinfektionen unter 3000 fällt und dort auch bleibt. Unter dieser Marke war Frankreich die ganze vergangene Woche gelegen, am Montag gab es allerdings wieder einen sprunghaften Anstieg auf mehr als 3200 Neuansteckungen. "Wenn die Indikatoren nicht passen, werden wir den Lockdown nicht lockern", sagte Philippe. "Oder wir werden deutlich strenger sein, was die Erleichterungen angeht."

Insgesamt haben sich in Frankreich bis Dienstagnachmittag 124.575 Menschen mit dem Coronavirus angesteckt. Mehr als 23.000 Menschen starben bereits an der Lungenkrankheit Covid-19, damit liegt das Land nach den USA, Italien und Spanien auf Platz 4 der globalen Rangliste. Vor allem am Höhepunkt der Epidemie waren die französischen Spitäler und Intensivstationen völlig überlastet. Damals starben pro Tag teilweise mehr als 800 Menschen, viele von ihnen waren Bewohner eines Alters- oder Pflegeheims.

Auch andere Hotspots lockern

Nach Italien und Spanien ist Frankreich nun schon der dritte europäische Corona-Hotspot, der sich vorsichtig an das Wiederhochfahren des öffentlichen Lebens herantastet. So dürfen sich die Italiener im Rahmen der sogenannten Phase 2 ab 4. Mai wieder deutlich freier bewegen und etwa auch Parks besuchen. Gleichzeitig wird auch die Wirtschaft beginnend mit Industrie und Baubranche wieder gestartet. Die Spanier dürfen voraussichtlich ab dem 2. Mai wieder zusammen mit Menschen aus demselben Haushalt spazieren gehen, zudem soll das Joggen erlaubt werden.

Von den Ländern, die bisher am besten durch die Corona-Krise gekommen sind, sind Italien, Spanien und Frankreich derzeit allerdings noch sehr weit entfernt. So sind in Tschechien etwa auch schon Fitness-Center, Bibliotheken und Fahrschulen wieder geöffnet. Und in Österreich dürfen ab Mitte Mai bereits wieder die Lokale aufsperren.(rs)