Swap-Prozess: Linzer Bürgermeister Dobusch gibt sich emotional.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Richter Andreas Pablik ist sauer. Im Frühjahr hatte er die Streitparteien bekniet, doch einen kostspieligen Prozess zu verhindern und sich gütlich zu einigen. Doch die Fronten zwischen Bawag und der Stadt Linz im Streit um den "Swap 4175" waren derart verhärtet, dass ein Vergleich aussichtslos erschien. Zähneknirschend rief Pablik Ende Juli zum ersten Prozesstermin mit den Spitzen von Stadt und Bank ins Wiener Handelsgericht. Damals dauerte die Einvernahme von Bawag-Boss Byron Haynes aber so lange, dass man am Montag einen zweiten Termin für den Linzer Bürgermeister Franz Dobusch (SPÖ) brauchte. Auch diesmal machte Pablik keinen Hehl aus seinem Frust: Vier Stunden lang Fragen - ohne eine einzige Pause.
Im Jahr 2007 hatte die Stadt Linz bei der Bawag besagten Swap, eine Wette auf den Kurs des Schweizer Franken abgeschlossen. Als sich der Kurs im Gefolge der Finanzkrise verschlechterte, hatte die Bawag der Stadt einen Ausstieg angeboten. Man habe die Stadt 50 Mal kontaktiert und ihr zig Alternativen vorgeschlagen -"aber Linz reagierte nicht und fügte damit sich selbst Schaden zu", hatte Haynes in seiner Befragung im Juli erklärt. Dobusch schilderte das nun freilich anders. Als er im März 2010 erstmals von dem Geschäft erfahren habe, habe er dem mittlerweile zurückgetretenen Finanzstadtrat Johann Mayr den Auftrag erteilt, sofort auszusteigen. Bawag-Generaldirektor Ewald Nowotny sei ein "100-prozentiger Unterstützer und Freund gewesen", daher habe er nie gedacht, dass es schwer werden könnte "aus der Sache herauszukommen". Im Sommer traf sich Dobusch mit Regina Prehofer, damals im Bawag-Vorstand, die ihm einen Ausstieg gegen eine Zahlung von 60 bis 90 Millionen Euro anbot. Da sei er "fuchsteufelswild" geworden, meinte Dobusch, dem die Emotion auch drei Jahre später deutlich anzumerken war.
Denn, so das Argument der Stadt Linz bis heute: Das Geschäft sei "nichtig", da es keinen gültigen Gemeinderatsbeschluss darüber gebe. Es habe lediglich 1996 und 2004 Beschlüsse im Gemeinderat gegeben, mit denen der Linzer Finanzverwaltung ermöglicht wurde, "aushaftende Kredite kreativ zu bewirtschaften und zu optimieren", sagte Dobusch. Aber ein derart riskantes Geschäft sei davon nicht abgedeckt gewesen.
Als sich nach weiteren Gesprächen mit der Bank keine Einigung abzeichnete, habe er seinen Freund "Ewald" angerufen - "der hat gesagt, lieber Franz, es tut mir leid, ich kann dir nicht helfen - es war ein sehr kurzes Gespräch", sagte Dobusch. Im Oktober 2011 stieg Linz aus dem Swap aus - und klagte die Bawag auf Rückzahlung der bisherigen Zahlungen in der Höhe von 24,7 Millionen Euro. Die Bawag antwortete mit einer Widerklage und verlangt als Schadenersatz für die nicht geleisteten Zahlungen 417,7 Millionen plus Zinsen - mittlerweile eine halbe Milliarde Euro.
Linz als Profi oder Laie?
Bei Haynes’ Einvernahme im Juli war es vor allem um die Frage gegangen, ob die Stadt als professioneller Marktteilnehmer gesehen werden konnte. Dann hätte die Bank nämlich - im Vergleich zu Privatkunden - geringere Aufklärungspflichten. Während Haynes Linz als solchen Kunden einschätzte, betonte Dobusch nun bewusst die Ahnungslosigkeit der zuständigen Stellen in Linz: Er selbst wisse bis heute nicht, was genau ein Swap sei, auch Finanzdirektor Werner Penn habe nicht genügend Know-how gehabt.
Am Montag ging es auch um einen Vergleich. Gerhard Rothner, Rechtsvertreter der Stadt, meinte, man sei wieder dabei, eine vorsichtige Annäherung "auf höchster Ebene" zu suchen. Allerdings gebe es noch keinen Gesprächstermin. Dabei sind vor allem zwei Dinge heikel, wie ein Insider erklärte: die Geheimhaltung abseits des Wahlkampfgetöses bei gleichzeitiger Information des Linzer Gemeinderats. Denn einem Vergleich muss Letzterer mit Zweidrittel-Mehrheit zustimmen. Zweitens werde es auch darum gehen, dass die Bawag die tatsächliche Schädigungssumme - und nicht nur die Höhe des entgangenen Verdienstes - nennen muss. Bisher beruft sich die Bank in dieser Frage stets auf das Geschäftsgeheimnis. Zur Verbesserung des Klimas dürfte es jedenfalls nicht beigetragen haben, dass zuletzt die Bawag Zivilklagen in der Höhe von je zwei Millionen Euro gegen Dobusch und Ex-Finanzstadtrat Mayr eingebracht hat.