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Französische Präsidentenwahl: Alle Wege führen derzeit nach rechts

Von Alexander U. Mathé

Analysen

Wohin auch immer es geht, der Weg führt nach rechts. Innerhalb des letzten Vierteljahrhunderts hatte Frankreich zwei Präsidenten: Den Sozialisten François Mitterrand und den Konservativen Jacques Chirac. Doch die altehrwürdigen politischen Traditionen, in denen beide standen, sind offenbar überholt.


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Blutige Revolten in den Vorstädten französischer Metropolen, Diskussionen über die Aufrechterhaltung des Sozialsystems und EU-Skepsis haben eine neue Generation von Rechts und Links aufs Tapet gerufen. Egal ob nun Nicolas Sarkozy von der UMP oder Ségolène Royal von der PS das Rennen macht, beide stehen im Vergleich zu ihren politischen Vorgängern im Rennen um das höchste Amt des Staates weiter rechts.

Der eine wie die andere haben einen harten Kurs gegenüber Kriminellen versprochen, zumal den jugendlichen. Zwar steht Sarkozy für freie Marktwirtschaft sowie Wettbewerb und Royal für Arbeitsplatzsicherheit, Mindestlohn sowie Sozialleistungen. Doch sind sich die zwei Spitzenpolitiker einig darüber, dass die von den Sozialisten eingeführte 35-Stunden-Woche zumindest kritisch überdacht gehört.

Viele sind unschlüssig, wen sie wählen werden

"Arbeite mehr, dann verdienst du mehr", sagte dazu Sarkozy, eine "flexiblere" Wirtschaft fordert Royal. Da wundert es nicht, wenn in Frankreich eine gewisse Beklemmung vor einer ungewissen Zukunft herrscht.

Zu dieser Verunsicherung kommt hinter vorgehaltener Hand auch noch die Frage, für welchen Präsidenten Frankreich eher bereit ist: den Sohn ungarischer Einwanderer oder eine Frau.

Auch wenn sich die Umfragen der Meinungsforschungsinstitute täglich mit neuen Ergebnissen überschlagen, so sind doch fast 80 Prozent der Wähler noch völlig unentschlossen, wem sie im Mai ihre Stimme geben sollen.

Die Mehrheit ist allerdings überzeugt, dass Nicolas Sarkozy gewinnen wird. Stehen doch gerade für den (sehr wahrscheinlichen) zweiten Wahlgang seine Chancen ziemlich gut. Schließlich macht die Summe der Stimmen für rechte Kandidaten derzeit mehr als 60 Prozent aus.

Dem Vernehmen nach hat das bei den Kommunisten schon zur Überlegung geführt, für den derzeit drittgereihten François Bayrou von der bürgerlichen Zentrumspartei UDF eine Wahlempfehlung abzugeben und ihm somit zu helfen, statt Sarkozy in die Stichwahl zu kommen.

Das ist auch das zentrale Ziel, auf das sich Bayrou derzeit konzentrieren möchte. Denn laut Umfragen würde er im zweiten Wahldurchgang gegen jeden der beiden Spitzenkandidaten gewinnen. Punkte bringt dem Zentristen vor allem seine konziliante Haltung zwischen rechtem und linkem Lager. Sogar eine in Frankreich traditionell undenkbare große Koalition kann er sich vorstellen. Auf der Suche nach einer neuen politischen Orientierung gefällt das offenbar einigen Franzosen.