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Frascati für die betriebliche Forschung

Von Alfred Abel

Wirtschaft

Knappe 1,9% sind es derzeit. 2,5% sind das Ziel der Bundesregierung. Der Anteil der betrieblichen Forschungsausgaben, gemessen am heimischen Bruttoinlandsprodukt, ist international gesehen kein Vorzeigeprogramm. In den letzten Jahren haben die Gesetzemacher deshalb die steuerliche Förderung ausgedehnt. Noch immer kein Renner. Mit dem soeben veröffentlichten Konjunkturbelebungsgesetz versucht man ab heuer einen zusätzlichen Kick.


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Was bisher geschah: Vergessen wir die Jahre von 1999 und zurück. Erst seit 2000 gibt es wirklich eine fiskalische Kompaktförderung, die den Namen verdient. Der vordem gewährte mickrige Forschungsfreibetrag von 12% (für Fremdforschung) und 18% (für Eigenforschung) wurde durch einen markanten 25%-Satz ersetzt, der für fleißige betriebliche Forscher und Entwickler auch schon mal auf 35% steigen kann, zumindestens teilweise. Heimatverbundene Sparten der Industrie wie Chemie, Pharma, Maschinenbau und Metallurgie blieben dadurch auch weiterhin heimatverbunden.

Erfindungen bevorzugt

Die seit 2000 geltende Form der Förderung ist dazu be-stimmt, "Aufwendungen zur Entwicklung oder Verbesserung volkswirtschaftlich wertvoller Erfindungen" (die natürlich ohnehin steuerwirksame Betriebsausgaben sind) durch einen zusätzlichen Absetzposten vom steuerlichen Betriebs-gewinn zu belohnen.

Die Begünstigung ist also "erfindungsorientiert", wobei der volkswirtschaftliche Wert der angestrebten oder abgeschlossenen Erfindung vom Wirtschaftsministerium überprüft werden muss; erst die Vorlage des diesbezüglichen Persil-scheins ermöglicht die Ausnutzung des Steuervorteils. Prüfung und Bescheinigung können entfallen, wenn das erschaffene Opus bereits patentrechtlich geschützt ist.

35% Superförderung

Der Prozentsatz von 25% gilt als Sockelfreibetrag. Übersteigen in einem Jahr die Forschungsaufwendungen das arithmetische Mittel der Aufwendungen in den drei unmittelbaren Vorjahren, dann gibt es für den den Mittelwert über-steigenden Forschungsmehraufwand zusätzliche 35%.

Die 25/35%-Begünstigung darf allerdings nur auf "direkte" Forschungs/Entwicklungs-Aufwendungen bezogen werden, also auf die Personalkosten des Forschungspersonals, auf bezügliche Fremdhonorare, auf das für F & E verwendete Roh-, Hilfs- und Betriebsmaterial und ähnliches mehr. Nicht begünstigt sind zugehörige Verwaltungs- und Vertriebs-kosten, nicht begünstigt sind auch die bezüglichen Anlagen-investitionen (via AfA).

Allerdings bringt ein Freibetrag dem eifrig forschenden Unternehmen nur dann Steuergeld zurück, wenn er tatsächlich Steuerersparnisse generiert und das tut er nur in Gewinnjahren. Forschungsbetriebe in den roten Zahlen (gar nicht so selten) haben also vom Freibetrag wenig bis nichts, seit neuestem nicht einmal einen unverkürzten Verlustvortrag.

Frascati Manual

Die Enge der 25/35%-Begünstigung, das Schielen über die Grenzen wie es die anderen besser machen und der ange-strebte Konjunkturimpuls haben nun dazu geführt, dass man für die Forschungsförderung ab heuer ein zweites Gleis gelegt hat. Als Triebwagen bot sich dazu das sogenannte Frascati Manual der OECD an, ein 400 Seiten starker Wälzer in englischer Fachsprache, von dem vordem hierzulande kaum jemand jemals gehört hat und der selbst für Forschungsexperten manchmal bahnhofähnliche Verständnisse auslöst. Tatsächlich sind jedoch in diesem Folianten die Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen weit lockerer und umfassender definiert, als im heimischen Einkommensteuergesetz mit seinem Erfindertrauma.

Nach Frascati ist unter Forschung und Entwicklung jede schöpferische Tätigkeit zu verstehen, "welche auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wird, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten".

BMF-Verordnung in Arbeit

Diese Definition wird vielen Lesern reichlich akademisch vorkommen, aber sie deckt ein enorm weites und vielfältiges Spektrum ab und sie führt dazu, dass v.a. F & E-Auf-wendungen im Dienstleistungsbereich ab sofort steuerlich förderungswürdig sein werden. Gemeint ist etwa der große Bereich der Softwareentwicklung, nicht der routinemäßigen, sondern der betriebsindividuellen, nicht der bloßen Updates, sondern der grundlegenden Neuprogrammierungen.

Der "Frascati" muss für österreichische Leserart erst über-setzt, interpretiert und exzerpiert werden und er wird natür-lich in eine Durchführungsverordnung der Finanz münden, von der die Wirtschaft hofft, dass sie die verlockenden Weiterungen der OECD-Definitionen nicht allzu fiskalisch be-schneidet. Man wird sehen. Sicher ist bereits jetzt, dass bloße Versuchsproduktionen, die Marktentwicklung von Produkten und die Marktforschung selbst nicht begünstigt sein werden.

Prämie als Alternative

Der neue, ab heuer geltende "Frascati"-Freibetrag wird 10% der "Forschungsausgaben im weiteren Sinn" (also der nicht bloß "erfindungsorientierten) betragen. Man wird ihn im gleichen Jahr beanspruchen können wie den 25/35% Freibetrag, sozusagen parallel, freilich eben nicht von den selben Aufwendungen, sondern von den "weiteren".

Die Neuregelung begünstigt auch jene Betriebe, die zufolge ihrer ungünstigen Ertragslage von dem Freibetrag keinen Nutzen ziehen. Ihnen wird ersatzweise eine steuerfreie 3%ige Forschungsprämie zur Auszahlung angeboten, die in der Steuererklärung des betreffenden Jahres anzusprechen ist. Die Entscheidung für Freibetrag oder Prämie kann vom Unternehmen jedes Jahr neu getroffen werden.