Spitalsärzte leisten nicht nur enorme Wochenarbeitsstunden, die Dauer ihrer Dienste ist für Patienten unvorstellbar - und gefährlich.
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Hat ein Spitalsarzt Dienst, bedeutet das, morgens anzutreten und bis zum nächsten Tag zu arbeiten, 24 Stunden Minimum. Die Mehrheit arbeitet aber etwa 30 Stunden durch, auch 48 sind keine Seltenheit.
Während der Nacht besteht Bereitschaft, diensthabende Ärzte dürften also schlafen - theoretisch. Denn durch das steigende Patientenaufkommen nimmt auch die Arbeit in der Nacht zu. Es ist keine Seltenheit, dass Ärzte erst um zwei Uhr morgens Abendessen. Ebenso passiert es laufend, dass ein Diensthabender gar nicht zum Schlafen kommt oder stündlich geweckt wird. Selbst in einer "ruhigen" Nacht, beginnt diese nicht vor eins und endet spätestens um halb sechs Uhr. Und dann wird "munter" weiter behandelt.
Ärzte sind sich bewusst, dass sie nicht "munter" sind. Das führt zu immer höher werdendem Druck, den sie auf sich selbst ausüben. Und so haben Ärzte im Dienst selbst beim Schlafen erhöhten Blutdruck und Puls. Eine Ärztin erzählte mir, sie würde wie ein Wachhund schlafen - schließlich darf man das Telefon nicht "überhören".
Es ist bewiesen, dass nach 17 Stunden Dienst die Reaktionszeit jener mit einem Alkoholspiegel von 0,5 Promille entspricht. Einem Autofahrer nimmt man den Führerschein ab, ein Arzt hingegen arbeitet so noch mindestens sieben Stunden weiter. Und tatsächlich fühlen sich viele nach einem Dienst "wie betrunken" und vermeiden es, sich ins Auto zu setzen. Einer Ärztin wurde einmal abgeraten, nach 27 Stunden Dienst mit eineinhalb Stunden Schlaf mit dem Rad nach Hause zu fahren - aus Sicherheitsgründen.
Laut Ärzte-Arbeitszeitgesetz, das diesen Wahnsinn ermöglicht, hätte sie noch weiter Patienten behandeln dürfen: 48 Stunden am Stück sind ebenso legal wie eine Wochenarbeitszeit von 72 Stunden. Bis zu 8 Dienste pro Monat sind erlaubt, was bedeutet, fast jede dritte Nacht im Spital zu verbringen. Das ist so, als ob man jeden dritten Tag auf einen Ball ginge, ohne jemals richtig auszuschlafen. Und trotz dieser großzügigen Regelung, werden die Zeiten oft überschritten.
Die meisten Spitalsärzte - inklusive ihrer Familien - leiden darunter, sind jedoch finanziell davon abhängig. Die Entlohnung der Dienste macht mindestens 30 Prozent des Gehalts aus. Aber selbst wenn es nicht auch ums Geld ginge, sie hätten gar keine Wahl, weil nur so viele Ärzte, vor allem Turnusärzte, angestellt werden, wie es das Arbeitszeitgesetz hergibt. Wenn dann Grippewellen "passieren", muss das Gesetz halt übertreten werden.
Dass die Politik das zulässt, hängt damit zusammen, dass an allen Spitälern krampfhaft festgehalten wird. Und da heißt es sparen - am Besten bei Personalkosten. Hätten wir weniger Spitäler und würde man mehr Patienten ambulant behandeln, könnte man menschlichere Bedingungen schaffen - aber das ist undenkbar.
Wer im Spital liegt, soll nicht fragen "Frau Doktor, Sie sind immer noch da?" - diese Frage ist zynisch! Außer vielleicht, man will von jemandem behandelt werden, der "betrunken" ist.
Früher war das anders. Die Zahl der Patienten war deutlich geringer und, was wesentlicher ist, die Frauen blieben brav am Herd statt Ärztinnen zu sein, und die starken Ehe-Männer hielten - eine Perspektive vor Augen - tapfer durch. Tja, irgendwie ist so ein Bild genau so anachronistisch wie unser Spitalswesen.