Erstmals bewirbt sich eine Frau um den LDP-Vorsitz. | Tokio. Die Männerwelt der Liberaldemokratischen Partei in Japan ist überraschend aus den Fugen geraten. Denn zum ersten Mal in der Geschichte der LDP, die das Land nahezu dauerhaft regiert, kandidiert eine Frau für den Vorsitz der mächtigen Partei und greift damit zugleich nach dem Amt des Premierministers, das nach dem angekündigten Rücktritt von Yasuo Fukuda vakant ist.
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Yuriko Koike, eine frühere Nachrichtenmoderatorin, warf mindestens drei männlichen Konkurrenten den Fehdehandschuh hin. Sie wolle die "weibliche Sicht der Dinge" in die Regierung einbringen, erklärte die 56-Jährige trocken. In der LDP geben traditionell die männlichen Führer der Faktionen den Ton an. Frauen sind ihnen ein Graus. Nur Makiko Tanaka brachte es in der LDP als erste Außenministerin Japans zu Prominenz, aber sie war die Tochter eines früheren Premierministers.
Doch Reform-Premierminister Junichiro Koizumi holte zwischen 2001 und 2006 mehrere jüngere Frauen ins Parlament. So wurde Koike Umweltministerin und später in der Regierung Abe die erste Verteidigungsministerin des Landes. Ihre Bewerbung hat in Japan für Schlagzeilen gesorgt, denn sie steht für ein neues Frauenbild.
Doch die alten Männer der LDP werden sich die Butter wohl nicht vom Brot nehmen lassen: Bei einer parteiinternen Umfrage kam Koike nur auf drei Prozent Zustimmung, der frühere Außenminister Taro Aso dagegen auf 30 Prozent. Der 67-Jährige gilt deshalb als klarer Favorit für die Wahl des Parteichefs in zwei Wochen.
Während Koike die Reformen fortsetzen, eine Umweltsteuer einführen und den Haushalt stabilisieren will, setzt Aso auf Steuererleichterungen und Mehrausgaben. Sollte Aso die Ämter übernehmen, wird mit Neuwahlen bereits im November gerechnet.