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Frauen diskriminiert - kein Geld

Von WZ-Korrespondentin Saskia Jansens

Politik

Ältester Partei der Niederlande droht der Bankrott. | Frauen nur als außerordentliche Mitglieder zugelassen. | Hilversum. Der ältesten Partei der Niederlande droht der Bankrott. Ein Gericht hat der streng christlichen SGP die staatlichen Zuschüsse gestrichen, weil sie Frauen nicht als vollgültige Mitglieder zulässt.


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Die "Staatkundig Gereformeerde Partij" - die politische reformierte Partei - ist die älteste noch bestehende Partei der Niederlande. Gegründet wurde sie 1918, um das Frauenwahlrecht zu verhindern. Das gelang ihr zwar nicht, aber an der Grundeinstellung hat sich seither nichts geändert. Frauen können nur ausserordentliches Mitglied werden und keine Parteiämter bekleiden. Gegen diese Diskriminierung hat sich eine Reihe von Frauenorganisationen gewandt. Sie widerspreche einer UN-Konvention zu den Frauenrechten. Ein Gericht hat ihnen nun recht gegeben. Der Staat dürfe die Partei nicht länger subventionieren.

Innenminister will Berufung einlegen

Allerdings kann das Gericht die Partei nicht direkt zwingen, ihre Regeln zu ändern, solange das nicht Frauen verlangen, die Mitglied der Partei sind. Der zuständige Innenminister, Johan Remkes, hat angekündigt, Berufung einzulegen. Der Staat könne bei den Subventionen keinen Unterschied machen zwischen den Parteien.

Parteivorsitzender Wim Kolijn ist "enttäuscht und erstaunt" über das Urteil. Für ihn steht es im Widerspruch zur Vereinigungsfreiheit wie auch zur Religionsfreiheit. Er sieht in dem Urteil eine Bedrohung für das Überleben der Partei. Die SGP kann zwar auf die Freigiebigkeit ihrer Anhänger zählen. Aber es ist nicht sicher, ob diese Solidarität die 800000 Euro ersetzen können, die der Partei und ihren Organisationen nun gestrichen werden dürften.

Buchstabengetreu nach der Bibel

In jedem Fall ist sicher, dass die als prinzipientreu geltende Partei nicht ohne weiteres dem Druck von aussen nachgeben wird. Die SGP richtet ihre Politik so buchstabengetreu wie möglich an der Bibel aus. Sie beruft sich auf den Apostel Paulus, gemäss dem die Frauen in der Kirche schweigen sollen.

Druck auch in der Partei selbst

Allerdings wird in der Partei seit Jahren diskutiert, wie dieses Gebot interpretiert werden soll. Ein grosser Teil der jüngeren Mitglieder, alle SGP-Bürgermeister und -Stadträte sprechen sich dafür aus, Frauen als vollwertige Mitglieder aufzunehmen. Sie sehen in dem Apostelwort eine Weisung für die Gemeinden jener Zeit, die nicht als absolutes Gebot verstanden werden darf.

Vorbild für Islamisten?

Ein weibliches Mitglied hat die Partei bereits, Riet Grabijn van Putten. Erst nachdem sie 1984 aufgenommen worden war, wurde das definitive Frauenverbot in die Statuten eingefügt. Sie setzt sich seither dafür ein, Frauen generell zuzulassen. Dennoch ist sie nicht über das Urteil erfreut. "Das ist traurig für die SGP. Die Sache hätte intern gelöst werden können." Ihr zufolge hätte das Gericht auch ausschliessen wollen, dass eine mögliche islamische Partei sich auf die SGP berufen könnte, wenn sie ihrerseits Frauen ausschlösse.

Die liberale Abgeordnete Hirsi Ali verlangt nun von der Regierung, auch andere staatlich subventionierte Organisationen auf allfällige Diskriminierung von Frauen oder Homosexuellen zu überprüfen. "Wenn das der Fall ist, müssen die Subventionen gestrichen werden."