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Warum sich Frauen als Leiter einer Justizanstalt leichter tun als Männer, weshalb für diesen Beruf Idealismus nötig ist und wie sich junge Straftäter davon abhalten lassen, rückfällig zu werden, erläutert die neue Leiterin der Justizanstalt für Jugendliche Gerasdorf, Margitta Essenther, im "Wiener Zeitung"-Interview.
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Nein. Probleme, sich bei jugendlichen Strafgefangenen Respekt zu verschaffen, habe sie keine, erzählt die Psychologin, die bis vor kurzem noch die Wiener Jugendgerichtshilfe leitete. Im Gegenteil: Eine Frau zu sein, mache die Führung einer Justizanstalt für junge Männer sogar einfacher. Ihr werde höflich begegnet, die Burschen gäben sich alle Mühe, charmant zu sein: "Die großen Konflikte gibt es bei männlichen Jugendlichen normalerweise mit den Vätern. Als Frau muss ich mich mit den Burschen nicht matchen."
"Ein Klima von Offenheit, Vertrautheit, Verständnis und Respekt" will Essenther erzeugen. Voraussetzungen, um straffällig gewordene Jugendliche wieder auf den richtigen Weg zu bringen, seien Ausbildung, Schulabschluss und eine entsprechende Freizeitgestaltung: "Wir haben es mit hochgradig verwahrlosten Jugendlichen zu tun." Oft ginge es nicht darum, zu resozialisieren sondern darum, zu sozialisieren. "Wir lehren Dinge wie regelmäßiges Aufstehen in der Früh oder Filme-Aussuchen in der TV-Zeitung, damit sie sich nicht einfach jeden Blödsinn anschauen." Für änderungswürdig hält Essenther, dass die (derzeit) 53 Insassen schon ab 20 Uhr aus den Gemeinschaftsräumen in ihre Zellen müssen. Personalkürzungen hatten die Vorverlegung der Nachtruhe notwendig gemacht. Essenther will eine Aufstockung des Mitarbeiterstabes erreichen und wenn möglich ein Team von Sozialpädagogen zur Unterstützung heranziehen.
Für einen Job wie diesen, müsse man Idealistin sei, betont die Mutter zweier Töchter, "sonst würde man da drinnen verzweifeln". Seit 1981, als sie bei der Wiener Jugendgerichtshilfe begann, betreut sie Jugendliche (auch) hinter Gefängnismauern. "Jeder Einzelne, der es schafft, ein Leben draußen zu führen und nicht mehr wieder kommt, baut mich auf."