Die Frauen würden seit dem Regierungsantritt von Schwarz-Blau im Jahr 2000 völlig alleine gelassen. Es gebe kein Sprachrohr und keine Anwaltschaft mehr in der Regierung für sie, kritisierte SPÖ-Frauenvorsitzende Barbara Prammer gestern in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit SPÖ-Frauensprecherin Gabriele Heinisch-Hosek und Bundesfrauengeschäftsführerin Bettina Stadlbauer.
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Seit fünf Jahren werde den Frauen vermittelt, dass ihre Rolle nicht in der Eigenständigkeit liege, geißelte Prammer die "Zurück-an-den-Herd"-Politik von Schwarz-Blau. Alle Maßnahmen machten das deutlich, alle. Da nütze es auch nicht, wenn die ÖVP die Parole "Starke Frauen setzen sich durch" ausgebe. "Das stimmt, starke Frauen setzen sich durch, die Frage bleibt nur, was mit all den anderen Frauen geschieht die eben nicht so stark sind"
Dass auch unter einer SPÖ-geführten Regierung nicht immer alles paletti war, gab Prammer zu, aber: "Die Frauenministerinnen der SPÖ haben nicht geschwiegen. Sie haben die Finger in die offenen Wunden gelegt, auch in jene der eigenen Partei." Derzeit aber gebe es praktisch kein Frauenministerium. Da mache es auch keinen Unterschied, dass der einzige Frauenminister Herbert Haupt von Maria Rauch-Kallat abgelöst worden sei: Dieser habe seine Sache auch nicht schlechter gemacht.
Natürlich reiche ein Frauenministerium nicht aus, um die Mängel in der Gesellschaft auszugleichen, aber es sei eben ein Signal. Bezeichnend sei, dass - laut einer Umfarge von SORA (1000 junge Frauen) - zwar 85 Prozent den Namen Rauch-Kallat kennen, aber nur 15 Prozen wüssten, dass diese Frauenministerin sei, ergänzte Heinisch-Hosek.
Sie bemängelte, dass jede vierte Frau in einem atypischen Arbeitsverhältnis ist, was sich später wieder verheerend auf die eigenständige Pension der Frauen auswirke. Überhaupt tue Wirtschaftsminister Martin Bartenstein wenig bis nichts, um die hohe Arbeitslosigkeit vor allem der Frauen zu senken. Alleine durch eine Verbesserung der Kinderbetreuung könnten 25.000 Frauen wieder in den Beruf einsteigen, rechnete Heinisch-Hosek vor. Die SPÖ-Frauen fordern daher ein Recht auf einen Kinderbetreuungsplatz mit ordentlichen Rahmenbedingungen, sprich Öffnungszeiten, die dem Berufsleben angepasst sind.
Darüber hinaus sollte es ein Recht auf Kinderbetreuung bis zum Ende des Pflichtschulalters geben. Denn das Kinderbetreuungsgeld schaffe noch keine Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Dazu gehöre auch eine partnerschaftliche Aufteilung von Arbeit und Familie. Die Aktion "Halbe-Halbe" ihrer Vorgängerin Helga Konrad führte Prammer in diesem Zusammenhang als gelungen an. Damals sei sie dafür belächelt worden.
Dass Frauenpolitikerinnen nicht unbedingt auch Frauenpolitik machen würden, kritisierte Stadlbauer und verwies auf den 50-Prozent-Frauenanteil in der Regierung. "Was nützt das den Frauen in Österreich? Nichts", meinte Stadlbauer. Als Beispiele führte sie Bildungsministerin Elisabeth Gehrer an, die keine Förderungsprogramme umsetze, von Sozialministerin Ursula Haubner höre man außer dem Kindergeld nichts, Justizministerin Karin Miklautsch sei zwar offen, setze aber keine Maßnahmen um - etwa eine Neuregelung des Unterhalts.
Bei Frauenministerin Maria Rauch-Kalat habe man überhaupt das Gefühl, dass sie gar nicht Frauenministerin sein wolle. Sie agiere nach dem Motto "Alles ist gut". Als Freud´schen Versprecher wertete Stadlbauer Rauch-Kallats Ausspruch in der ORF-"Pressestunde": "Ich wiederspreche ja nur ungern einem Mann." Wenn das das Selbstverständnis der Frauenministerin sei, könne man nur sagen, "gute Nacht, für die Frauen in Österreich", meinte Stadlbauer.