Eine Bilanz über die Dynamik der sozialstaatlichen Regelungen in den 90er Jahren hat gestern die Arbeiterkammer (AK) in Wien präsentiert. Gestiegen sind die Sozialleistungen für Eigenpensionen und | das Arbeitslosengeld, gesunken ist hingegen das Aufkommen für die Notstandshilfe und das Karenzgeld.
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725 Milliarden Schilling wurden 1997 für Sozialleistungen aufgewendet. Das sind 28,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Die "Konsolidierungsmaßnahmen" ("Sparpakete") hielten manche
Sozialleistungen in Zaum. Fortschritte seien die "Absicherung des Leistungsniveaus für die Familien", die Anrechnung der Kindererziehungszeiten und die Pflegesicherung gewesen, resümiert AK-Präsident
Herbert Tumpel.
Größte Herausforderungen waren laut AK die, trotz höherem Beschäftigtenstand, gestiegene Arbeitslosigkeit sowie demographische Veränderungen (mehr Pensionisten) und der Strukturwandel in der
Wirtschaft. "Härten" waren, dass das Karenzgeld nicht valorisiert, also an die Inflation angepasst und dass die Bestimmungen für das erhöhte Karenzgeld und die Sondernotstandshilfe "verschärft"
wurden.
Gestiegen ist die Anzahl der Bezieher von Arbeitslosengeld (plus 68.000) und der Pensionisten (plus 198.000). Davon sind rund 67.000 Frühpensionisten, zum Großteil (57.000) Frauen. Verstärkt wurde
diese Entwicklung durch die Anrechnung der Kindererziehungszeiten seit 1993. Nach Geschlechtern getrennt sind die Pensionen der Männer um 12 Prozent, die der Frauen um 35 Prozent real gestiegen.
Das durchschnittliche Karenzgeld ist um 11,5 Prozent gesunken. Karenzgeld bezogen aber in den 90er Jahren um 43.000 Elternteile mehr als in den Jahren davor. 74.000 Familienbeihilfen wurden weniger
bezogen, dafür ist die durchschnittliche Beihilfe um 14 Prozent gestiegen.
Tumpel wünscht sich eine bedarfsorientiertere Vergabe der Leistungen. Das Karenzgeld sollte auf 6.000 Schilling angehoben und ausreichend Kinderbetreuungsplätze geschaffen werden. "Ich will Frauen
nicht zwangsbeglücken", so Tumpel. Aber mehr Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen und auch für ältere Arbeitnehmer seien ein wesentlicher Beitrag zur Sicherung der Pensionen. Einer längerfristigen
Debatte über die Vereinheitlichung des Pensionssystems möchte sich der AK-Präsident nicht verschließen. Auch sieht er im Arbeitsmarktservice mögliche Einsparungen, die der Jobförderung zugute kämen.
Das von der AK neu herausgegebene Lexikon über die Sozialleistungen in Österreich ist im Verlag des ÖGB, ISBN 3-7035-0697-0, erschienen.