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Frauen ohne Macht

Von Sissi Eigruber

Politik

In der Sozialistisch Föderativen Republik Jugoslawien waren rund 30% der Abgeordneten Frauen - eine Quote, die heute keines der Länder in dieser Region erreicht. Denn nach dem Krieg standen Frauen in vielerlei Hinsicht noch schlechter da, als in Zeiten des Sozialismus, erklärt dazu die slowenische Gender-Expertin Sonja Lokar im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".


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Im Sozialismus hatten Frauen und Männer zumindest theoretisch die selben Rechte, aber der Krieg brachte auch für die Frauen "den totalen Kollaps". Sie wurden nicht nur Opfer des Krieges sondern hatten nachher auch weniger Verdienst, weniger Rechte und weniger politischen Einfluss.

"Am Beginn der Transformation waren Frauen außerhalb der Politik. Es hat zehn Jahre gedauert bis der Gender-Prozess in Gang kam", so Lokar, die auch Leiterin der Gender Task Force des Stabilitätspakts für Südosteuropa ist.

Nur langsam dringen Frauen wieder in politische Positionen vor. Die Ministerebene bleibt aber vorerst eine Männerdomäne, wo pro Land meist nur eine oder zwei Frauen vertreten sind - mit Ausnahme Kroatiens, wo vier von 14 Ministerposten von Frauen besetzt sind. In Österreich sind es derzeit vier von elf.

Nach und nach werden nun Quotenregelungen für Wahlen eingeführt, berichtet Lokar. Damit konnte die Zahl der Frauen im Parlament deutlich erhöht werden. So stieg etwa in Mazedonien der Frauenanteil von 7% (bei den Wahlen 1999) auf 18%, doch von der angestrebten Quote von 30% ist man damit noch immer weit entfernt. Zum Vergleich: In Österreich sind derzeit 32% der Nationalratsabgeordneten Frauen. Angestrebt, und in einigen Ländern schon realisiert, sind auch Regelungen für die Reihung auf den Wahllisten. So mussten etwa in Slowenien bei den Wahlen zum Europaparlament unter den ersten drei Namen jeder Liste beide Geschlechter vertreten sein.

Sowohl die Organisation der Frauen in der Zivilgesellschaft - in Frauenorganisationen und innerhalb der verschiedenen Parteien - als auch das Bekleiden von politischen Positionen, ist eine wesentliche Voraussetzung für entsprechende Gesetzesänderungen, betont Lokar.

"Es gibt natürlich auch Frauen, die von der Transformation profitiert haben. Sie waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort im richtigen Job." Doch einige Berufszweige, in denen früher viele Frauen für eine mittelmäßige Bezahlung gearbeitet haben - wie zum Beispiel als Bankmitarbeiterinnen in höherer Position oder Richterinnen - werden, seit diese Jobs gut bezahlt sind, vorwiegend von Männern gemacht.

Doch auch jene Frauen, die es geschafft haben in höhere Positionen zu kommen, haben dort oft einen extrem schweren Stand - auch bei den Medien, kritisiert die Expertin. Denn diese würden zwar inzwischen, zumindest zum Teil, seriös über Themen wie häusliche Gewalt und Frauen als Opfer berichten, "aber es gibt anscheinend keinen Platz für normal hart arbeitende Frauen in den Medien".