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Sehr emotional gehaltener Vortrag bei Tagung in Wien. | Wien. Die Wogen gingen hoch als der Kieler Psychiater Holger Bertrand Flöttmann anlässlich der Tagung "Frauenidentität und Familienkultur" in Wien seinen Vortrag hielt. Mit Aussagen wie "Frauen zurück an den Herd" und "Mich graust es, wenn ich Männer sehe, die Kinderwägen schieben" erwarb er sich nicht unbedingt die Gunst der eingeladenen Expertenkollegen und der rund 200 Zuhörer. Denn eigentlich ging es bei dem zweitägigen Symposium, das vom Institut für medizinische Anthropologie und Bioethik sowie dem Institut für Ehe und Familie und der Gesellschaft für Familienorientierung veranstaltet wurde, um die Frauen des 21. Jahrhunderts.
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Vor dem Hintergrund sinkender Geburtenzahlen in Europa diskutierten Ärzte, Journalisten und Vertreter aus der Politik über die neue weibliche Identität und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Für den das Publikum polarisierenden Flöttmann sind es vor allem zwei Dinge, die den Weg der Kinderlosigkeit bereiten. Zum einen die durch den zunehmenden Bindungsunwillen unserer Single-Gesellschaft fortwährende Infantilität: "Aus dem eigenen Kindsein kann ich erst heraustreten, wenn ich selbst eine Familie gründe, aber davor drücken sich viele." Die andere Komponente der "schrumpfenden Bevölkerungszahlen" sei ein egoistischer Feminismus: Der tief in den Frauen verankerte Wunsch nach einem Kind werde durch das "Zuerst-zu-sich-selbst-finden-müssen und das Karrierestreben überdeckt."
Ärztin und Mutter
Während Flöttmann den Schwarzen Peter damit den Frauen zuschob, harmonisierte die anschließende Podiumsdiskussion weitestgehend. Mann und Frau bräuchten eine bessere Kommunikation in und über die Familie. Die selbst auferlegten Sachzwänge gelte es zu überdenken und die sozialen, gesellschaftlichen und marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Mütter zu verbessern.
"Wir können die Zeit nicht zurückdrehen, es gibt gewisse Gegebenheiten", sagte Christiana Justin. Die am LKH Graz beschäftigte Anästhesistin strich die Bedeutung des Positionierens als Frau heraus, sowohl was Partnerschaft und Familie als auch den Beruf betrifft. Sie als fünffache, allein erziehende Mutter sei froh darüber, dass sie den Arztberuf ergriffen habe und nach dem Tod ihres Mannes in der Lage war, sich und die Kinder zu versorgen. Nur müsse man bereit sein, auch "täglich Korrekturen im eigenen Lebensplan vorzunehmen".
Konsens gab es schließlich auch darüber, dass, wenn man sich für ein Kind entschieden hat, dessen Wohl im Vordergrund zu stehen habe. Und wie es Hildegunde Piza, Klinikvorstand der Medizinischen Universität Innsbruck, ausdrückte: "Wenn es Eltern gelingt, ihrem Kind mitzugeben, dass es gut ist, wie es ist - dann ist es ganz gleich, ob eine Mutter berufstätig ist oder nicht."