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Schratzenstaller rät zu Abschaffung des Alleinverdienerabsetzbetrages. | Längste Form der Kindergeldvariante streichen. | Wien. Österreich gibt im internationalen Vergleich sehr viel - nämlich fast 8 Milliarden Euro - für Familienförderung aus. Allerdings ist diese Förderung zu wenig zielgerichtet und führt dazu, dass Frauen zu lange der Erwerbsarbeit fernbleiben.
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Die fehlende Treffsicherheit der Familienförderung sieht man auch daran, dass kinderlose Frauen 15 Prozent mehr verdienen als berufstätige Mütter, dass über 40 Prozent der Frauen Teilzeit arbeiten und dass 15 Prozent der Kinder armutsgefährdet sind.
Margit Schratzenstaller vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) hat für die Arbeiterkammer eine Gesamtschau der Familienförderung zusammengetragen und rät nach Auswertung zu einer Neuaufstellung. Als Hauptproblem sieht Schratzenstaller, dass viele Familienleistungen dazu führen, dass Frauen zu lange zu Hause bleiben - auch, weil es noch immer viel zu wenige Kinderbetreuungseinrichtungen für Unter-Drei-Jährige gibt.
Das liegt auch daran, dass 78 Prozent der gesamten Familienförderung direkte monetäre Transfers (Familienbeihilfe, Kindergeld) sind, 7 Prozent machen Steuererleichterungen aus und nur 11 Prozent fließen in Realtransfers (Kinderbetreuungseinrichtungen). Nur 14 Prozent der Unter-Drei-Jährigen können derzeit mit einem Betreuungsplatz rechnen, was Frauen dazu zwingt, bei ihren Kindern zu bleiben.
Aber auch die Art der Familienleistungen trägt dazu bei, dass Frauen zu lange zu Hause bleiben, etwa der Alleinverdienerabsetzbetrag, die Anrechenbarkeit der Kindererziehungszeiten auf die Pension, die lange Kindergeldbezugsdauer. Es herrsche noch immer das traditionelle männliche Haupternährermodell vor, so Schratzenstaller.
Traditionelle Rolle: Mann als Ernährer
So ist der Mann in einem Viertel der Haushalte mit Kindern unter 18 Jahren Alleinverdiener, in 38 Prozent der Haushalte mit Kindern unter 18 Jahren arbeitet der Mann Vollzeit, die Frau Teilzeit. Und das, obwohl es einen klaren Zusammenhang gibt zwischen Erwerbsarbeit von Frauen und Männern. Das heißt, "die Erwerbsttätigkeit beider Elternteile ist die wichtigste Voraussetzung dafür, dass Kinderarmut nicht entsteht", so Schratzenstaller.
Dass Österreich zu viel für Familienförderung ausgibt, findet Schratzenstaller allerdings nicht. Und die Budgetexpertin rät auch nicht, in diesem Bereich zu kürzen. Laut Budgetfahrplan müssen aber im Bereich Familie und Jugend im kommenden Jahr fast 250 Millionen Euro eingespart werden. Die Wifo-Expertin rät allerdings, den Rotstift bei jenem Punkt anzusetzen, der Frauen aus dem Arbeitsprozess nimmt.
Sie schlägt vor, die Strukturprobleme der Familienförderung zu lösen und etwa den Alleinverdienerabsetzbetrag zu streichen. Kostenpunkt im Budget: 345 Millionen Euro. In einem ersten Schritt zumindest für jene, die keine Kinder haben.
Ganz wichtig wäre, die längste Variante des Kindergeldes (2,5 Jahre) abzuschaffen. Das würde zwar kurzfristig zu Problemen bei der Kinderbetreuung führen. Aber sowohl Schratzenstaller als auch AK-Expertin Ingrid Moritz rechnen damit, dass der Druck auf Bund und Länder steigen würde, das Geld in die fehlenden Kinderbetreuungseinrichtungen zu investieren. Moritz gab zu bedenken, dass in Wien bereits 50 Prozent die einkommensabhängige Variante (das ist gleichzeitig die kürzeste) des Kindergeldes wählen, während österreichweit nur ein Drittel diese nimmt. Das liege auch daran, dass es in Wien mehr Betreuungsplätze für Kleinkinder gebe.