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Kleiner Gipfel in österreichischer EU-Botschaft brachte SPE-Einigung in letzter Minute. | Große Länder wollen wichtige Kommissare. | Brüssel. Die Nerven lagen offensichtlich blank: Nur Stunden vor Beginn es EU-Sondergipfels zur Besetzung der neuen EU-Spitzenjobs war noch gar nichts klar. Hektische Telefonate des schwedischen Premiers und amtierenden EU-Vorsitzenden Fredrik Reinfeldt hatten scheinbar keine wirkliche Annäherung auf je einen Kandidaten für den neuen EU-Ratspräsidenten und den EU-Außenminister gebracht. | Analyse: Topjobs: Ihr Gewicht wird sich erst in Jahren zeigen | Leitartikel: EU sucht keinen Superstar | EU-Kommission wird weiblicher | Hohe Meinung von EU
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Erwartet wurden Verhandlungen der Staats- und Regierungschefs bis spät in die Nacht. Klar wurde aber schon vorab, dass sich Deutschland und Frankreich statt einen der neuen Topjobs offensichtlich wichtige Ressorts in der neuen EU-Kommission sichern wollen.
Mit Geheimdiplomatie in letzter Minute fanden die Sozialdemokraten noch eine Kandidatin für den neuen EU-Außenminister: Die bisherige britische EU-Handelskommissarin Catherine Ashton. Schauplatz des Treffens war die österreichische EU-Botschaft in der Avenue Corthenberg Nummer 30. Bundeskanzler Werner Faymann hatte eigentlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit einladen wollen, am Ende war das Botschaftsgebäude von dutzenden Journalisten belagert.
Vereinbarungsgemäß gaben sich die sozialdemokratischen Spitzenpolitiker äußerst wortkarg. Der spanische Premier Jose Luis Zapatero sagte immerhin, dass er seinen Außenminister Miguel Moratinos nicht als EU-Chefdiplomaten vorschlagen werde. Martin Schulz ließ durchblicken, dass der lange als Favorit gehandelte italienische Ex-Premier Massimo D'Alema nicht der einzige Kandidat der Sozialdemokraten war. Als Fraktionschef im EU-Parlament hat Schulz aber freilich keinen Sessel am Tisch der Staats- und Regierungschefs. Keinen Kommentar gaben vorerst Faymann, der britische Premier Gordon Brown und Sozialdemokraten-Chef Poul Nyrup Rassussen.
Treffen Merkel-Sarkozy
Einen Vorgeschmack auf die zähen Verhandlungen unter den Regierungschefs am Abend gab es allerdings bereits beim Treffen in der österreichischen Botschaft. Schon nach zwanzig Minuten wurde das Treffen vorerst abgebrochen, wie bei Verhandlungen aller 27 Regierungschefs beim Gipfeltreffen suchten die sozialdemokratischen Spitzen in Zweiergesprächen eine Annäherung.
Nur ein solches Gespräch gab es auf Seiten der Europäischen Volkspartei: Kurz vor Beginn des als Abendessen konzipierten EU-Gipfel trafen einander die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Nicolas Sarkozy zur letzten Abstimmung der Positionen. Sie wolle "breiten Konsens" zu den neuen EU-Spitzenvertretern, meinte die Deutsche. Sie soll nach Informationen der französischen Tageszeitung "Liberation" unlängst den lettischen Regierungschef Valdis Dombrovskis angerufen haben. Dabei habe sie zwar erklärt, dass sie den belgischen Premier Herman van Rompuy unterstütze. Aber die lettische Ex-Präsidentin Vaira Vika-Freiberga habe Merkel nicht explizit abgelehnt. Nicht weniger als 20 mehr oder weniger prominente Namen kursierten in den letzten Tagen für die zwei Jobs, darunter jene des österreichischen Ex-Kanzlers Wolfgang Schüssel und der früheren Außenministerin Ursula Plassnik.
Die deutsche Regierung hat unterdessen bereits wissen lassen, dass es für ihren Kandidaten Günther Oettinger ein zentrales Wirtschaftsressort geben muss, wenn Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso nach der Nennung der zwei Spitzen endlich seine Ressorts verteilen kann. Wirtschaft- und Währung soll es sein, oder zumindest Energie. Paris wünscht sich für Ex-Außenminister Michel Barnier den Binnenmarkt als Spielwiese. Durch Ashtons Nominierung ist anzunehmen, dass der Gipfel nicht lange dauern wird.