In den Ländern tun sich Frauen und die Grünen schwer. | Die Bundesländer sind eine kleine Welt, in der Österreich seine Probe hält. Angedeutete Revolutionen finden dort zwar auch nicht statt, doch die Schamgrenzen fallen schneller. Gabi Burgstallers Empfängnisbereitschaft für blaue Avancen wird mit langwierigen rot-schwarzen Regierungsverhandlungen in Salzburg beantwortet: Zur Halbzeit besteht vor allem der gemeinsame Wille zur Neuverschuldung.
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Dafür haben die Kollegen Regionalpolitiker im Süden zwar längst geringeren Spielraum, aber seit jeher weniger Skrupel. Zur Führung der Proporzregierung in Klagenfurt steht bereits eine orange-schwarze Koalition. Der schwarze Tabubruch liegt mittlerweile nicht nur in der Nach-Haiderei, sondern auch im rückständigen Weltbild des BZÖ-Landeshauptmannes Gerhard Dörfler. Dessen Kinder-Küche-Kärnten-Frauenbild setzt sein ÖVP-Stellvertreter Josef Martinz trotz der Steigerung von vier auf sechs Mandaten lediglich eine Abgeordnete entgegen. Dass die Regierung künftig frauenfrei bleibt, dafür sorgt aber auch die SPÖ: Deren Einbruch büßt die bisher einzige Landesrätin Nicole Cernic.
In Oberösterreich dagegen bleibt Silvia Stöger zumindest bis Herbst die - rote - weibliche Ausnahme in der männlichen, schwarz-grün geführten Landesregierung unter Josef Pühringer. Ihrem Parteichef Erich Haider ist eher als seiner nach Salzburg emigrierten Landsfrau der letzte Tabubruch im österreichischen Parteifarbenspiel zuzutrauen. Rot-Blau: Das macht er, wenn es sich ausgeht, sind sich Beobachter einig.
25 ÖVP, 22 SPÖ, 5 Grüne, 4 FPÖ lautet die aktuelle Mandatsverteilung im einzigen Bundesland mit Sechs-Jahre-Landtagswahlrhythmus samt Kopplung mit Gemeinderatskür. Dort, von wo Wirtschaftsminister und -kammerpräsident herstammen, ist die ökonomische Orientierung trotz der aktuellen Kulturhauptstadt Europas überdeutlich. Jeweils mehr als ein Viertel der österreichischen Industrieproduktion und der Exporte kommen aus dem Land ob der Enns. 35 Prozent der Arbeitnehmer sind hier in der Industrie beschäftigt. Mit 3,5 Prozent war in Oberösterreich Ende 2008 die Arbeitslosenquote am geringsten. Doch genau diese jahrelang gepflegten Vorzeigedaten können nun zum Bumerang der Krisenverlierer werden. Noch bei der vorletzten Wahl 1997 hatten die Freiheitlichen hier 12 Mandate.
Ähnlich zwiespältig in seiner grün-blauen Tradition ist das vierte Bundesland, das 2009 wählt. Geriet Oberösterreich 2003 zur Premierenregion für eine Koalition mit der ÖVP, gelang in Vorarlberg bereits 1984 das erste grüne Landtagsmandat. Auch das Ländle hat mit Herbert Sausgruber erst seinen vierten Landeshauptmann seit 1945. Doch die Kontinuität ist trügerisch angesichts der bisher geringsten Beteiligung an einer Landtagswahl in Österreich. Nur 60 Prozent der Berechtigten gingen 2004 zur Urne und bescherten Schwarz, Rot und Grün Prozent- und Mandatszuwächse. Das aktuelle Verhältnis im Landtag lautet 21 ÖVP, 6 SPÖ, 5 FPÖ, 4 Grüne. Doch Vorarlberg war zuvor das zweitstärkste Bundesland der Freiheitlichen nach Kärnten. Sie hatten hier schon 11 Mandate. Erst später meinte Hubert Gorbach: "The world in Vorarlberg is too small."
Peter Plaikner ist Medienexperte und Spezialist für die Politik der österreichischen Bundesländer.
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