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In vier von fünf Unternehmen in Österreich sitzen ausschließlich Männer in Management und Aufsichtsrat. Nur 11% aller Führungspositionen werden von Frauen eingenommen. Das oberste Management ist hierzulande fast ein reiner Männer-verein, konstatiert eine aktuelle EWMD-Studie.
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Während junge Frauen mit ihren männlichen Kollegen bildungsmäßig noch ohne weiteres mithalten können oder sie sogar überflügeln, werden sie in der Familiengründungsphase von den Männern meist abgehängt. "Die Wirtschaft kann sich künftig aber nicht mehr leisten auf dieses Potential zu verzichten", meint Rosemarie Schuller, Vorsitzende des European Women's Development Network (EWMD) in Österreich.
Sie fordert Unternehmen daher auf, sich mehr um den weiblichen Management-Nachwuchs zu kümmern. Die Frauen ihrerseits sollten sich trauen auch in "harten Branchen" wie dem Automobilsektor, der Stahl- oder Energiebranche zu arbeiten und auch die "Männerbastionen" Verkauf, Technik und Finanzen anzuvisieren.
"Frauen in Toppositionen sind meistens geschieden oder Single", so Schuller weiter. Das Durchschnittsalter der heimischen Spitzenmanagerinnen liege zwischen 45 und 50 Jahren. Damit sei offensichtlich, dass auch die Gesellschaft hier noch einiges dazulernen müsse.
Karenz als Karrierebarriere
"Kindererziehung ist bei uns immer noch der alleinige Part der Frau. In Skandinavien hingegen ist es inzwischen durchaus chic für männliche Manager sich für die Kinder eine Auszeit zu nehmen", hat Schuller beobachtet. Alteingeführte Rollenbilder müssten in Österreich aufgebrochen werden "und das bedeutet einen enormen Förderungsaufwand".
Den Frauen, die in Karenz gehen, empfiehlt Eva Maria Bertsch vom Managementconsulter Jenewein ihre beruflichen Netzwerke auch in der Karenz weiter zu pflegen. Sie meint: "Führungspositionen werden mit Mitarbeitern zwischen 30 und 40 Jahren besetzt. Wenn die Frauen da ausschließlich mit Kindererziehung beschäftigt sind, werden sie von den Männer sie überholt."
Allerdings sei die schwierigste Phase für Mütter nicht die Karenz, sondern der berufliche Wiedereinstieg, so Bertsch. Zwischen Beruf und Familie werde oft der Familie der Vorzug gegeben. "Hier können die Unternehmen helfen, indem sie das Hinübergleiten von der Karenz in den Beruf erleichtern und flexiblere Rahmenbedingungen bieten.
Nicht umsonst ist der Frauenanteil bei Freiberuflern stärker ausgeprägt. So sind 13% der Rechtsanwälte in Österreich weiblich, aber schon 40% der Rechtsanwaltsanwärter. 36% der Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater sind Frauen. Lediglich im technikaffinen Architekturumfeld liegt der Frauenanteil bei nur 7%. Im freiberuflichen Umfeld fänden Frauen offensichtlich bessere Bedingungen vor, resümieren die EWMD-Damen. Enttäuschende Ergebnisse zeigte die EWMD-Studie hingegen bei den Sozialpartnern: Während in der Politik in den vergangenen 20 bis 30 Jahren viel passiert sei - 22% der Bundesregierung sind weiblich, im Nationalrat beträgt der Frauenanteil 34% - finden sich in der Arbeiterkammer und der Industriellenvereinigung nur männliche Präsidenten und Direktoren. Auch im ÖGB (Österreichischen Gewerkschaftsbund) gibt es nur eine weibliche Landesvorsitzende, im Burgenland.
Die EWMD-Studie, die ab heuer jedes Jahr durchgeführt werden soll, untersuchte neben 179 in Österreich tätigen Unternehmen auch Sozialpartner, Freiberufler und politische sowie wirtschaftliche Interessensvertretungen des Landes.
Auswahlgrundlage war das österreichische Handelsregister. - Es sei das "Who is Who der heimischen Wirtschaft" berücksichtigt worden, so Schuller.