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Frauenmedizin kämpft nach wie vor mit Wissenslücken

Von Alexandra Grass

Wissen
© adobe stock/Monster Ztudio

Die Lebenserwartung liegt bei Frauen höher, doch der Gendergap wird immer kleiner.


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Wien. Die Lebenserwartungen für Frauen und Männer sind in den vergangenen Jahren gestiegen. Doch der Gendergap wird immer kleiner. Waren es in den 1980er Jahren noch sieben Lebensjahre Unterschied, so sind es heute nur noch 4,7, betonte Alexandra Kautzky-Willer, Gendermedizinerin an der Medizinischen Universität Wien am Mittwoch im Vorfeld des Frauentages am 8. März im Rahmen eines Pressegesprächs. Bei der gesunden Lebenszeit liegen die beiden Geschlechter allerdings gleichauf. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältiger Natur. Nach wie vor gebe es in Sachen Frauengesundheit Wissenslücken und großen Nachholbedarf.

Für Frauen liegt die Lebenserwartung heute bei 84 Jahren. Die große Frage sei, warum sie bei ihnen weniger stark steigt als bei den Männern, so die Medizinerin. Die gesunden Lebensjahre beziffert Eurostat 2019 mit 57 Jahren bei beiden Geschlechtern, während der europäische Mittelwert für Frauen bei etwa 64 Jahren liegt. "Das heißt für uns, dass österreichische Frauen letztendlich mehr Lebenszeit mit chronischen Erkrankungen und damit mit Einschränkungen verbringen. Das sollte uns zu denken geben", betonte Kautzky-Willer. Frauen seien zwar die Gesundheitsmanagerinnen der Familie, kümmern sich allerdings oft zu wenig um die eigene Gesundheit. Das könnte ein Grund für die Diskrepanz sein. Während der zeugungsfähigen Jahre werde auch noch auf Vorsorge geachtet, ab dem 50. Lebensjahr nehme das Bewusstsein dafür allerdings rapide ab.

Gesundes Altern

Dabei seien nur fünf Lebensstilfaktoren entscheidend, um länger gesund zu bleiben: nicht rauchen, mindestens 210 Minuten Bewegung pro Woche, gesunde hochwertige Ernährung, Normalgewicht und nicht mehr als 15 Gramm Alkohol pro Tag. Übergewicht und Diabetes seien die größten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, der häufigsten Todesursache bei Frauen. Nicht zuletzt gebe es nach wie vor Mankos in der Medikamentenforschung. "Jedes Medikament, das auch für Frauen genommen wird, muss an Frauen getestet sein", fordert die Medizinerin. Sowohl in den Tierversuchen als auch bei den Probanden setzt die Forschung in erster Linie auf das männliche Geschlecht. Doch können sowohl die Symptome als auch die Wirksamkeit von Arzneien zwischen den Geschlechtern sehr unterschiedlich sein.

Das gesunde Altern ("Healthy Aging") sollte im Fokus stehen, betonte Sabine Fröhlich, ärztliche Leiterin des "La Pura Health Ressort Kamptal". Mit Prävention und personalisierten Ansätzen in der medizinischen Betreuung ließe sich auch die gesunde Lebenszeit verlängern. Immerhin um zehn Jahre, betont die Expertin. Die Anlagen für eine solch positive Entwicklung tragen Frauen schon in sich. Die Chromosomenzusammenstellung gepaart mit dem weiblichen Sexualhormon Östrogen sorgen für ein stärkeres Immunsystem. Dies zeige sich nicht zuletzt auch bei den Todesfällen im Zuge des Coronavirus, an dem hauptsächlich Männer sterben.