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Frauenpolitik ist auch Familienpolitik

Von Herta Herglotz

Gastkommentare

Frauenpolitik ist ursächlich auch Familienpolitik, weil Frauen auch Mütter sein können. Ihnen stehen alle Berufe offen und sie folgen gern diesem Angebot, gibt es ihnen doch ökonomische Eigenständigkeit. Auch für den Staat ist es von Vorteil, denn sie bringen zusammen mit den Männern zusätzliche Erwerbstätige. Sie passen gut in die von Männern und für Männer errichtete Arbeitswelt. Problematisch wird es nur, wenn sie Mütter werden. Viele hängen so an ihrem Beruf, dass sie das Muttersein zugunsten des Berufs zurückstecken. Der Staat stellt Kinderbetreuungseinrichtungen bereit und fordert die Väter auf, sich auch in die Familienarbeit einzubringen.


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Die demographische Entwicklung zeigt uns, dass alle diese Bemühungen nicht die gewünschten und für unseren Bestand notwendigen Kinder bringen, und zwar 2,1 Kinder pro Frau, das heißt jeder Frau. Wir brauchen zusätzliche Erwerbstätige, schon wegen des Generationenvertrags, der zusammenzubrechen droht. Wir haben zu wenig Erwerbstätige, die für die Pensionen der älteren Generation aufkommen, und zu wenig Nachkommen, um das Gleichgewicht zwischen Jung und Alt herzustellen.

Die ausschließliche Orientierung auf außerhäusige Berufstätigkeit reicht nicht. Die Mütter der Alleinverdiener- und Mehrkindfamilien, die im Einverständnis mit ihren Männern ihre Kinder selbst betreuen und Haushalt und Familienbetrieb führen, leisten unbezahlte Arbeit. Wird dies als Arbeitsplatz in der Familie anerkannt, verschafft uns das neue Erwerbstätige. Die Investition zur Sicherstellung der Familien ist auch ein stabiles Fundament für den Staat. Die derzeit berufstätigen Eltern profitieren ebenso davon: Wenn einer von ihnen den Job verliert, gibt es immer noch den Arbeitsplatz in der Familie, statt Arbeitslosengeld zu beziehen.

Der Arbeitsplatz in der Familie kurbelt den Konsum an. Er bedeutet weniger Arbeitslose und mehr Armutsbekämpfung. Er holt Mütter aus ihrer Armut und der ihrer Familie und sichert ihnen eine angemessene Pension. Er steht den Eltern zur Wahl, adäquat zu den öffentlichen Kinderbetreuunugseinrichtungen (Krippe, Kindergarten, Horte), und bietet den Frauen wegen der größeren Auswahl keinen Anlass zu Konkurrenz. Ein Wiedereinstieg in den alten oder einen anderen Beruf muss gewährleistet sein.

Die Entscheidungsträger in unserem Staat sind aufgerufen, sich mit der Einrichtung dieses Arbeitsplatzes in der Familie zu befassen und die nötigen Berechnungen anzustellen, sodass sich auch die bisher nicht integrierten Mütter als gleichberechtigte Mitbürgerinnen am Arbeitsmarkt beteiligen können. Eine Reform verlangt ein Umdenken und Mut. Die ungeheure Schuldenlast des Staates, die große Arbeitslosigkeit, die zunehmende Armut sind eine erdrückende Last für die junge Generation. Es gilt, neue Weichen zu stellen. Wo ein Wille, da ein Weg.

Dr. Herta Herglotz ist Ehrenpräsidentin der Österreichischen Hausfrauen-Union.