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Frei nach May

Von Hermann Schlösser

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"Old Surehand" war einer der ersten Filme, die ich alleine im Kino anschauen durfte. Ich war damals zwölf und von Stewart Granger, Pierre Brice und all den anderen Helden schwer begeistert. Daß in

einer wichtigen Rolle auch eine Heldin auftritt, scheint mich weniger beeindruckt zu haben · zumindest hatte ich es seither glatt vergessen.

Vorgestern wurde ich daran erinnert, denn ich habe "Old Surehand" im Nachmittagsprogramm von ORF 1 angeschaut. Nach dem Wiedersehen muß ich aber sagen: enttäuschend. Die Schauspieler sind mäßig und,

um sie nicht schon wieder zu vergessen, die Schauspielerinnen auch. Die Handlung ist aus probaten Versatzstücken montiert: Komantschen auf dem Kriegspfad, amerikanische Kavallerie in der Falle, ein

Liebespaar am Marterpfahl, und schließlich ein einsamer Held, der alles wieder in Ordnung bringt. Die Indianer · Pierre Brice als Winnetou vornweg · sehen aus, als hätten sie sich für einen

Faschingsball als Rothäute verkleidet, und Stewart Grangers Synchronstimme sagt im deutschen Schnodderton zum Häuptling der Komantschen: "Machen Se sich nichts draus! Jeder macht mal n Fehler!"

Dieses Wiedersehen war also keine Freude. Was ein Zwölfjähriger von heute zu diesem Streifen sagen würde, weiß ich nicht. Aber ich wünsche mir, daß er sich an die Stirn tippt und mit all der

Verächtlichkeit, zu der ein Pubertierender fähig ist, ausruft: "Und so ein Blödsinn hat euch einmal gefallen!?!"