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Freibetrag und Prämie für "human capital"

Von Alfred Abel

Wirtschaft

Fast könnte man diese halbe Druckzeile im Konjunkturbelebungsgesetz überlesen: "An die Stelle des Prozentsatzes 9% tritt der Prozentsatz 20%". Die im Jahr 2000 neu geschaffene steuerliche Begünstigung für betriebliches human capital war wohl ursprünglich zu eng kalkuliert worden. Seit heuer hat man sie aufgefettet, damit wird der "Bildungsfreibetrag" zu einem attraktiven Steuervorteil. Wie man ihn in der Praxis ausnützt, lässt sich in 10 Kurzkapiteln zusammenfassen.


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1. Der Bildungsfreibetrag (BFB) erinnert an den Investitionsfreibetrag früherer Jahre. Er ist ein fiktiver Steuerabsetz-posten, der zusätzlich zu den "echten" Betriebsausgaben ge-währt wird: als Anreiz für Arbeitgeber, die den beruflichen IQ ihrer Mitarbeiter im betrieblichen Interesse verbessern wollen. Wer seine Mitarbeiter beruflich schult, aus- oder fort-bildet, soll dafür mit einem steuerlichen Incentive belohnt werden.

Ab heuer auf 20% erhöht

2. Der Freibetrag beträgt in den Jahren 2000 und 2001 je 9%, seit heuer 20% von den Schulungs- oder Fortbildungsausgaben, die der Arbeitgeber für seine Arbeitnehmer locker macht. Arbeitnehmer sind alle, die von ihm Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beziehen, auch Teilzeitbeschäftigte, auch geringfügig beschäftigte Dienstnehmer. Nicht begünstigt sind die Ausgaben für freie Dienstnehmer, für "Werkvertragler" oder für Leute, die zufolge ihrer Beteiligung am Betrieb mit ihren Bezügen einkommensteuerpflichtig sind. Nicht BFB-beglückt ist auch die Weiterbildung der Unternehmer selbst; ihre berufliche Perfektionierung kann zwar zu Betriebsausgaben führen, einen zusätzlichen Freibetrag gibt es dafür nicht.

Für externe Weiterbildung

3. Der BFB wird für externe Schulungs- oder Fortbildungs-kosten gewährt, also für solche, die von betriebsfremden Veranstaltern angeboten werden, wie etwa vom WIFI, BFI, von Volkshoch- oder Fachhochschulen, von Akademien, Uni-Lehrgängen oder allen möglichen anderen berufsspezifischen Seminarveranstaltern. Diese (Fremd-)Organisatoren müssen dem Arbeitgeber eine entsprechende Rechnung stellen und diese Rechnung ist Indiz und Grundlage für die BFB-Gewährung. Wichtig: Kosten für betriebseigene Schulungen oder Bildungseinrichtungen sind nicht BFB-begünstigt. Kostenersätze (des Arbeitnehmers) oder Zuschüsse (etwa von der Arbeitsmarktverwaltung) mindern die BFB-Grundlage.

4. Der Freibetrag leitet sich also von den aufgewendeten Fortbildungskosten ab. Nach dem Willen des Gesetzes: nur von den unmittelbaren Kosten. Die Einkommensteuer-Richt-linien zählen penibel auf, was begünstigt ist und was nicht. Den BFB gibt es für die Kurs- oder Lehrgangsgebühren, für die Honorare der Vortragenden, für die notwendige Fach-literatur, die Skripten und Lehrbehelfe, auch für die etwa angemieteten Schulungsräume und das notwendige Veran-staltungsequipment.

Kein BFB für Reisekosten

5. Keinen BFB gibt es für die mittelbaren Fortbildungskosten. Dazu gehören Fahrt- und Reisekosten zu einer externen Veranstaltung, die Kosten der Unterbringung und Verpflegung; was den Reiz mancher Studienreisen etwas beeinträchtigen kann. Nur wenn etwa der Mittagstisch oder Kaffee und Pausenimbiss in einer Seminargebühr bereits enthalten ist, verzichtet der Fiskus aufs penible Herausschälen und gewährt den Freibetrag. Kein Zweifel, dass aber auch die nicht BFB-begünstigten Ausgaben beim Arbeitgeber unvermindert absetzbare Betriebsausgaben sind.

6. Der 9%ige (ab heuer 20%ige) BFB wird also von den begünstigten Ausgaben berechnet; üblicherweise von den durch Vorsteuerabzug entlasteten Ausgaben; wo ein Vor-steuerabzug nicht möglich oder zulässig ist (etwa bei Kleinunternehmern oder im Ärztebereich), gelten die Bruttoausgaben als Berechnungsgrundlage.

Wenig Formvorschriften

7. Besondere Formvorschriften (etwa Beilagen zur Steuererklärung) sind vom Gesetz nicht vorgesehen. Der BFB ist auch keine "Lohntangente", sondern eben ein Fiktivabzug vom steuerlichen Gewinn. Daher muss er auch nicht gesondert in der Buchhaltung erfasst werden, sondern kann außerbücherlich (bloß in der Steuererklärung) abgesetzt werden - eine Vorgangsweise, die übrigens in der Praxis bevorzugt wird. Kapitalgesellschaften können ihn als Zuführung zu einer versteuerten Rücklage verbuchen. Anders als beim seinerzeitigen Investitionsfreibetrag gibt es für den BFB keine "Mindestbehaltedauer" und keine "Wartetaste" in Verlustjahren.

8. Der BFB kann von Betrieben der Land- und Forstwirt-schaft, von Gewerbebetrieben und von Freiberuflern bean-sprucht werden - und zwar in jeder Rechtsform. Dabei ist es egal, ob es sich um "Bilanzierende" oder um Einnahmen-Ausgaben-Rechner handelt; Pauschalierte sind von seiner Nutzung allerdings ausgeschlossen.

Prämie statt Freibetrag

9. Wie jeder Freibetrag wirkt der BFB nur dort, wo damit ein steuerpflichtiger Gewinn vermindert werden kann. Das ist bei vielen Klein- und Mittelbetrieben mangels entsprechender Ertragssituation oft nicht möglich. Selbst wenn durch den BFB - was zulässig ist - ein Betriebsverlust erhöht würde, hätte er im Wege des (neuerdings gedrosselten) Verlustvortrages kaum Attraktivität. Das haben auch die Gesetze-macher eingesehen und ab heuer eine Alternativlösung ge-schaffen: die Bildungsprämie.

10. Die Bildungsprämie weckt Assoziationen an die Investitionsprämie früherer Jahre, und so wird sie von der Finanz wohl auch administriert werden. Die bezüglichen Durchführungsrichtlinien sind derzeit in Ausarbeitung. Die neue Prämie beträgt 6% und ist von den gleichen Fortbildungsausgaben zu berechnen, die auch Grundlage des 20%igen BFB wären; sie kann auch im gleichen Jahr beansprucht werden wie der BFB, natürlich aber nicht von den selben Ausgaben. Die Prämie muss in der Jahressteuer-erklärung auf einem besonderen Vordruck beantragt werden und wird dem Steuerkonto des Arbeitgebers gutgeschrieben. Was für den Betrieb jeweils günstiger ist - BFB oder BPR - bleibt der jährlichen Steuernutzen-Rechnung überlassen.