)
SPÖ-Bürgermeister ließen Wahlplakate politischer Mitbewerber entfernen - nun müssen sie offiziell hängen bleiben.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Eisenstadt. "Zu viel Macht ist biologisch abwählbar", heißt es auf einem Plakat der Grünen Burgenland für die Landtagswahl am 31. Mai. Ein vielsagender Slogan, wurden doch die politischen Machtspiele im Burgenland in der Vorwoche auf die Spitze getrieben: Mehrere SPÖ-Bürgermeister gingen gegen das Anbringen kleiner, sogenannter Hohlraumplakate an Bäume oder Lichtmaste sowie gegen Dreieckständer vor. Sie schickten Briefe an die politischen Mitbewerber mit dem Inhalt, dass "keinerlei ohne Genehmigung angebrachte" Werbemittel "in unserer Gemeinde akzeptiert" und diese "von öffentlichem Eigentum oder von öffentlichen Flächen entfernt" würden.
Eine Protestwelle war die Folge, woraufhin die SPÖ vorschlug, binnen drei Tagen sämtliche Wahlplakate im Burgenland zu entfernen. Am Mittwoch gab es auf Einladung der ÖVP Burgenland einen Runden Tisch der Wahlkampfleiter zu dem Thema. Das Ergebnis: Alle Plakate dürfen bleiben. Was aber auch bleibt, ist ein fahler Nachgeschmack und der Vorwurf, dass die SPÖ mithilfe unlauterer Mittel die wachsende Konkurrenz ausbooten wollte.
"Ein abgekartetes Spiel"
"Wir haben das als klare Schikane interpretiert, das ist Amtsmissbrauch", sagt dazu Anita Malli, Landesgeschäftsführerin der Grünen, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Kleine Parteien könne man damit mundtot machen, denn: "Wir hätten schlichtweg nicht das Geld dazu, jetzt noch in Zeitungsinserate oder Radiowerbung zu investieren, wir können uns das ungleich weniger leisten als die SPÖ." 90 Prozent der Kosten für die Wahlwerbung seien bereits vorfinanziert - wären die kleinen Plakate und Dreieckständer verboten worden, hätte man Steuergeld sinnlos hinausgeworfen. Auch Alexander Petschnig, Klubdirektor der FPÖ Burgenland, vermutet, "dass da ein abgekartetes Spiel dahintersteckt". Es seien bereits FPÖ-Plakate in SPÖ-Gemeinden abgebaut worden.
Der Grundtenor lautet: Offensichtlich fürchtet die SPÖ massiv, Wähler zu verlieren. Seit 1964 sind die Landeshauptmänner durchgehend rot, aktuell steht Hans Niessl an der Spitze (seit 2000). Aber: "Die kleinen Parteien dringen in den Markt vor", sagt Malli. Bei den vergangenen Landtagswahlen im Jahr 2010 hat die SPÖ die absolute Stimmenmehrheit verloren und kam auf nur noch 48,3 Prozent (2005 waren es 52,18 Prozent). Wenige Wochen vor der nächsten Wahl liegen laut einer Umfrage SPÖ und ÖVP unter ihrem Ergebnis von 2010. Die SPÖ käme demnach auf 44 Prozent, die ÖVP auf 31 Prozent (2010: 34,6 Prozent). Zulegen könnten hingegen die FPÖ mit 13 (2010: 9 Prozent) und die Grünen mit sechs Prozent (2010: 4,2 Prozent), so das Umfrageergebnis.
Kleine Parteien dringen vor
Zudem kandidieren heuer erstmals die Neos und in sechs von sieben Wahlkreisen auch die Christliche Partei Österreichs (CPÖ). Die Liste Burgenland (tritt dieses Jahr als Bündnis Liste Burgenland an) ist erst seit 2010 bei den Landtagswahlen dabei.
Als junge, wahlwerbende Partei "muss ich doch dafür sorgen, dass man weiß, dass es mich gibt", sagt Neos-Spitzenkandidat Christian Schreiter zum Wahlplakat-Wirbel. Petschnig formuliert es drastischer: "Plakate abzunehmen und Werbung zu verhindern, ist illegal."
"Wenn es vor einer Wahl plötzlich neue Vorschriften gibt, ist der Verdacht gegeben, dass hier Wahlwerbung behindert wird", sagt dazu der Verwaltungsrechtsexperte Theodor Öhlinger zur "Wiener Zeitung". Und das sei rechtswidrig. Die ÖVP Burgenland hat diese Woche ebenfalls eigenen Angaben zufolge drei Rechtsgutachten eingeholt, die besagen: Eine Entfernung der Werbemittel sei ein Eingriff in das Grundrecht und eine unzulässige Amtshandlung.
Die SPÖ Burgenland rechtfertigt ihr Vorgehen damit, dass Bäume durch Plakate beschädigt und Autofahrer durch Dreieckständer behindert werden. "Auch für Fußgänger und Rollstuhlfahrer sind sie nicht angenehm", sagt Ingrid Salamon (SPÖ), Bürgermeisterin von Mattersburg. Hier gilt generell eine Ausnahmeregelung: Seit 2002 sind per Gemeinderatsbeschluss sämtliche Wahlplakate auf öffentlichem Grund verboten - "damit es keinen Wildwuchs gibt", so Salamon.
Tarnen, Tricksen und Täuschen
Bei der nächsten Landtagswahl könnte das im gesamten Burgenland der Fall sein. Beim Runden Tisch am Mittwoch hat man sich nämlich darauf geeinigt, künftig vor überregionalen Wahlen über ein Fairnessabkommen zu reden. Das müsse aber rechtzeitig passieren - im laufenden Wahlkampf plötzlich sämtliche Plakate wieder abzumontieren, sei schlichtweg "zu spät".
Unabhängig davon, was nun juristisch oder verwaltungsrechtlich bedenklich ist, ist für den Politologen Peter Filzmaier der entscheidende Punkt ein ganz anderer: Sämtliche Parteien hätten von diesem Wahlplakat-Wirbel profitiert - am meisten sogar die kleinen, weil deren Präsenz in den Medien so kurz vor der Wahl die beste Werbung für sie war. "So gesehen waren die SPÖ-Bürgermeister strategisch eher schlechter beraten", sagt Filzmaier und resümiert: "Wahlkampf ist immer wieder das Gleiche: Er ist ein Ausreizen aller Grenzen. Ein - weniger vornehm ausgedrückt - Tarnen, Tricksen und Täuschen."