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Freier Arbeitsmarkt in der EU für Mittel- und Ost-Europäer wächst

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Wirtschaft

Griechenland, Portugal, Spanien, Finnland öffnen sich. | Österreich bleibt hart, ebenso Deutschland und Dänemark. | Brüssel. Der freie EU-Arbeitsmarkt für Jobsuchende aus den acht neuen Mitgliedsstaaten im Osten ist seit gestern, Montag, deutlich größer. Zwei Jahre nach der großen Erweiterungsrunde haben Finnland, Portugal, Spanien und Griechenland ihre Beschränkungen fallen gelassen. Sie stehen ab sofort den Arbeitskräften aus der gesamten EU offen - ebenso wie Großbritannien, Irland und Schweden, die von Anfang an auf die Abschottung verzichtet hatten.


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Alle anderen Länder haben die EU-Kommission rechtzeitig vor Sonntag davon in Kenntnis gesetzt, dass die Übergangsfristen vorläufig beibehalten werden. Hart bleiben vor allem Österreich, Deutschland und Dänemark. Sie wollen den Status Quo jedenfalls für weitere drei Jahre bis 30. April 2009 beibehalten. Die Niederlande verschieben die Entscheidung auf Jänner 2007. Die Regierung ist mit ihren Freigabeplänen am Widerstand des Parlaments gescheitert. Das niederländische Sozialsystem dürfe nicht ausgehebelt werden, verlangen die Abgeordneten. Im November oder Dezember will Sozialstaatssekretär Henk van Hoof einen neuen Anlauf nehmen.

Reinigungskräfte und Kellner willkommen

Drei Staaten halten ihre Arbeitsmärkte grundsätzlich dicht, wollen aber einige Sektoren freigeben, in denen es Rekrutierungsprobleme gibt. So öffnet Frankreich 61 Berufe in den Bereichen Gastwirtschaft und Hotellerie, Landwirtschaft, Maschinenbau, Metall- und Chemieindustrie sowie im Handel und dem Reinigungs-Sektor. Von den 700.000 freien Jobs in diesen Branchen sei ein Drittel im Vorjahr nicht vermittelbar gewesen, heißt es aus dem Arbeitsministerium in Paris. Belgien und Luxemburg planen vereinfachte Arbeitsbewilligungen. Italien erhöht seine Quote für die Arbeitnehmer aus den osteuropäischen Ländern pauschal von 85.000 auf 170.000.

Hoffnung auf eine positive Entwicklung

"Das ist ein großer Schritt vorwärts", kommentierte Sozialkommissar Vladimir Spidla die Entwicklung. "Die breite Mehrheit, nämlich 17 Mitgliedsstaaten der EU, erlaubt nun die Freizügigkeit für Arbeitnehmer. Die meisten anderen haben ihre Beschränkungen auf die eine oder andere Weise gelockert". Er hoffe, die verbliebenen Staaten folgten diesem Beispiel in den kommenden Jahren, sagte er. In Österreich und Deutschland argumentieren die Regierungen mit der angespannten Lage am Arbeitsmarkt und der geografischen Nähe zu den Herkunftsländern der Jobsuchenden. Darüber hinaus verwies der österreichische Wirtschaftsminister Martin Bartenstein jüngst auf bereits bestehende bilaterale Ausnahmeregelungen. In Österreich ist der Anteil an Beschäftigten aus den neuen Mitgliedsstaaten trotz Zugangshürden nach Angaben der EU-Kommission mit 1,4 Prozent der zweithöchste nach Irland mit 3,8 Prozent. Grund für die Übergangsfristen in den Beitrittsverträgen war die Angst vor einem Massenansturm osteuropäischer Arbeitskräfte auf die Arbeitsmärkte der EU-15, die zum Teil ohnehin mit hoher Arbeitslosigkeit zu kämpfen haben. In einem Bericht der EU-Kommission wurden die Beschränkungen als nicht geeignete Maßnahmen kritisiert. Sie drängten die Jobsuchenden aus dem Osten in den Schwarzmarkt. In Großbritannien, Irland und Schweden, sei die Arbeitslosigkeit durch die Öffnung der Arbeitsmärkte keineswegs gestiegen.