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Freier Handel muss noch warten

Von Harald Waiglein

Wirtschaft

Verhärtete Fronten im Agrarbereich. | Bei Dienstleistungen, Industriegütern kaum Fortschritte. | Wien. Wenn ab heute, Dienstag, Minister aus 148 Ländern zum Gipfel der Welthandelsorganisation (WTO) in Hongkong zusammen kommen, dann tun sie das in dem Bewusstsein, dass das Treffen nur ein Zwischenergebnis bringen wird. Ursprünglich hätte Hongkong den Endpunkt für die laufende Welthandelsrunde darstellen sollen - jene Runde, die 2001 in der Hauptstadt von Katar gestartet wurde und die deshalb den Namen Doha-Runde trägt. Erklärtes Ziel dieser Runde ist, die Entwicklungsländer von der weiteren Liberalisierung des Welthandels profitieren zu lassen. Sie haben von der Vorgängerrunde, der sogenannten Uruguay-Runde (siehe auch Artikel unten) eher wenig Vorteile gehabt.


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Drei Schlüsselthemen

Die drei Bereiche, um die sich derzeit im Rahmen der Doha-Runde alles dreht, sind die Landwirtschaft, der Marktzugang für Nicht-agrarische Produkte (NAMA) und die Liberalisierung von Dienstleistungen im Rahmen des General Agreement on Trade in Services (GATS). Auf einen einfachen Nenner gebracht, könnte man die laufende Runde auch so charakterisieren: während die Industrieländer (vor allem die USA und die EU) gedrängt werden, den Schutz ihres Agrarsektors zu verringern, wird von den Entwicklungsländern gefordert, ihre Handelsschranken für Industriegüter zu senken.

Landwirtschaft

Am lautesten streiten die WTO-Mitglieder über das Thema Landwirtschaft. Hier geht es konkret um den Abbau von Schutzzöllen, den Abbau von internen Subventionen und den Abbau von Exportstützungen. Die EU gewährt für ihre Landwirtschaft die höchsten Subventionen (siehe Grafik), was auch damit zu tun hat, dass es in Europa viel mehr Kleinbauern gibt als in den USA. Was die Zölle betrifft, so gibt es im Agrarbereich weltweit 2447 verschiedene Tarife, die von 0 bis 200 Prozent reichen (siehe Grafik). Die USA haben den radikalsten Vorschlag zur Senkung gemacht, die EU den zaghaftesten; die Gruppe der G20 (zu der unter anderem Brasilien, Indien und China gehören) liegt mit ihrem Vorschlag in der Mitte.

Sensible Produkte

Ein weiterer Streitfall ist, welche Agrarprodukte als "sensibel" von den Zollsenkungen ausgenommen sein sollen. Die EU will für 8 Prozent der Produkte Ausnahmen, das wären alle Fleischprodukte ohne Knochen, Butter und mediterranes Gemüse. Die USA will hingegen nur 1 Prozent der Produkte von den Senkungen ausklammern.

Im Bereich Nichtagrarische Produkte würde Österreich als Exporteur vieler Industriegüter erheblich von einer Liberalisierung profitieren. Die Verhandlungen drehen sich aber im Moment hauptsächlich um komplexe mathematische Formeln. Diese sollen gewährleisten, dass Zollsenkungen einerseits für Entwicklungsländer verträglich ausfallen, andererseits aber auch den Handel spürbar liberalisieren. An dieser Vorgabe beißen sich die Verhandler derzeit die Zähne aus.

Im Bereich Dienstleistungen wurde ein besonderer Verhandlungsweg gewählt: Jedes Land soll - nach Anfragen anderer Handelspartner - selbst Vorschläge machen, wie weit es seinen Dienstleistungsbereich liberalisieren will. Es dürfte wenig überraschen, dass die meisten dieser Vorschläge nicht besonders ambitioniert ausfallen.