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"Freier Unizugang ist finanzierbar"

Von Heiner Boberski

Politik

+++ Broukal findet Barrosos Äußerungen "lebensfremd." | Aufnahmetest ermittle nicht "gute Ärzte sondern schnelle Studenten". | Wien. "Starke Zweifel" bezüglich der an den Medizin-Unis Wien und Innsbruck geplanten Aufnahmetests nach Schweizer Modell meldet SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal an. Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" verweist er darauf, was in den Test-Unterlagen selbst zugegeben werde: "Der Test gibt keine Auskunft über die Berufseignung, sondern nur über die Studiereignung der Betroffenen." Wichtige Faktoren des Arztberufs wie die soziale Kompetenz oder die Kommunikationsfähigkeit würden nicht getestet, sondern nur die "schnellsten Studenten" ermittelt.


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"Ist Tempo alles?" fragt Broukal. Er kenne Leute, die bei punktuellen Aufnahmetests an Fachhochschulen durchgefallen seien und dann an der Uni als Wissenschaftler Karriere machten.

Broukal will, "dass möglichst viele junge Österreicherinnen und Österreicher studieren können", und zwar an heimischen Hochschulen. Wenn EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso Studien im Ausland empfehle, sei das "lebensfremd". Das habe nur bei fortgeschrittenen Studenten Sinn, die Grundausbildung von Anfängern sollte im jeweiligen Inland erfolgen.

"Schlusslicht in Europa"

Broukal versteht, dass sich die Unis die Studierenden aussuchen wollen, wie es jüngst Uni-Wien-Rektor Georg Winckler gefordert hat: "Das tun sie aber ohnehin schon heute. Wer Prüfungen samt Wiederholungen nicht besteht, scheidet aus." Dem SPÖ-Politiker ist aber wichtig, dass alle einmal eine Chance bekommen und nicht durch eine missglückte Prüfung gleich ein ganzes Jahr verlieren.

"Ich glaube, dass es ein Menschenrecht auf Bildung gibt", sagt Broukal und sieht den freien Uni-Zugang für "eines der reichsten Länder der Welt" als finanzierbar an: "Wir können uns das leisten." Selbst wenn man HTL- und HAK-Absolventen in die Akademikerquote einrechne, wäre man noch immer "Schlusslicht in Europa".

Der Grüne Wissenschaftssprecher Kurt Grünewald, selbst Arzt, nannte am Freitag die in Wien und Innsbruck geplanten Tests "besser als Los, Maturazeugnis oder die Schnelligkeit der Anmeldung".

Laut Broukal wird die Opposition vom Bildungsministerium nicht über den Stand der Verhandlungen über eine EU-konforme Lösung des Uni-Zugangs informiert. Er will daher die mögliche Rückkehr zum "Herkunftslandprinzip" - in Österreich darf nur studieren, wer in seiner Heimat einen Studienplatz fix hat - nicht kommentieren.

Aus EU-Kreisen verlautet, man spiele in der EU-Kommission auf Zeit und wolle mit Österreich während dessen Präsidentschaft keinen Konflikt führen. Im österreichischen Parlament soll aber bereits am 14. Februar im Wissenschaftsausschuss des Parlaments über eine neue Regelung beraten werden.

Die Medizin-Unis geben sich für alle Varianten offen. Ihr zentrales Anliegen ist die Herstellung von Rechtssicherheit, damit die Unis langfristig planen können. In Innsbruck wird die Einführung einer Quote für wahrscheinlich gehalten.