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"Wenn man das freie Spiel der Kräfte ankündigt, muss man es auch tun", sagte der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl am Montagabend. Angekündigt worden war dieses freie Spiel der Kräfte von Kanzler Christian Kern, nachdem der neue ÖVP-Chef Sebastian Kurz Neuwahlen ausgerufen hatte. Der Dienstag hat die Umsetzung näher gebracht. Statt eines Ministerrats gab es ein Sechs-Parteien-Gespräch, das eher ernüchternd ausfiel.
Inhaltlich tat sich nichts. Auch die neue ÖVP unter Kurz verfolgt weiter die Strategie, zwar unbedingt dafür zu sein, aber noch weiter verhandeln zu müssen. Dieses taktische Spiel geht nun schon seit spätestens März so. Der jetzige Wirtschaftsminister Harald Mahrer muss sich fragen lassen, wie er mit Bildungsministerin Sonja Hammerschmid eine Einigung ausverhandeln konnte, die dann von seiner Partei zu Tode administriert wird.
Und Kern muss sich fragen lassen, wann das freie Spiel der Kräfte im Nationalrat endlich beginnt. Er hätte ja nichts zu verlieren. Ein modernes Schulgesetz, das ÖVP und FPÖ ablehnen, ist kein Signal der Erneuerung. Doch die SPÖ agiert seltsam zögerlich. Mit der Neuwahl am 15. Oktober ist die Kuh aus dem Stall.
Rücksicht hat eigentlich nur die Bevölkerung verdient - und nicht die Frage, wie man sich taktisch am besten dem Wahltermin annähert. Das gilt für Kurz gleichermaßen wie für Kern. Der Außenminister agiert wie einst Wolfgang Schüssel, der als "Schweigekanzler" galt: Wenig sagen, keine inhaltliche Festlegung, das scheint die Devise zu sein.
Fair und offen ist das nicht. Nach der Wahl stehen Koalitionsverhandlungen an. Da der Ausgang derzeit nicht zu prognostizieren ist, könnte das ein bisschen dauern. Sollten die Parteien sich also aus taktischen Gründen auf wenig bis nichts einigen können, würde das Stillstand bis Dezember bedeuten, immerhin noch sieben Monate. Nun, so stillgestanden ist auch die ungeliebte Koalitionsregierung nicht. Das sollten nicht nur die jeweiligen Spitzenfunktionäre bedenken, sondern auch die sie umschwirrenden Berater, Marketing- und PR-Profis.
Derzeit beherrscht Taktik das politische Geschehen. Die staunenden Bürger haben von politischer Taktik aber die Nase voll - Tun wäre angesagt. Das freie Spiel der Kräfte im Nationalrat käme diesem Tun immerhin nahe.