Befreite Sklaven aus den amerikanischen Südstaaten bekommen ihr eigenes Land. Liberia - das Land der Freiheit. Was so schön klingt, entwickelte sich von Anfang an in eine bedauerliche Richtung: Die in dem betroffenen Gebiet ansässigen Afrikaner wurden die ersten Opfer einer Kolonialisation durch Schwarze, die so genannten Ameriko-Liberianer.
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Die ersten befreiten Sklaven ließen sich 1820 auf dem Gebiet um das heutige Monrovia nieder. Der Landstrich an der Küste wurden den Briten mit Hilfe der Amerikanischen Kolonialisationsgesellschaft abgekauft. Die älteste Republik Afrikas wurde am 26. Juli 1847 von zirka 5.000 ehemaligen Sklaven gegründet und erhielt den Namen Liberia (Freiheit). Die Hauptstadt wurde nach dem fünften US-Präsidenten James Monroe benannt.
Die Ameriko-Liberianer bauten die einzige Gesellschaftsform, die sie kannten, nach - nur mit umgekehrten Vorzeichen. Die Afrikaner, die das Staatsgebiet der neuen Republik bewohnte, wurden de facto versklavt. Es entwickelte sich eine ausgeprägte Zwei-Klassen-Gesellschaft: Die Ameriko-Liberianer hatten Einfluss und Zugang zu Bildung und Wohlstand, während die afrikanischen Liberianer Armut litten und sich unterordnen mussten.
Enge Bindung an die USA
Liberia blieb eng an Amerika gebunden. 1930 errichtete der US-Reifenkonzern Firestone dort die größte Kautschukplantage der Welt und bestimmte maßgeblich die wirtschaftlichen und politischen Geschicke des Landes. Im Kalten Krieg war in Monrovia das Afrika-Hauptquartier der CIA.
Erst Mitte des 20. Jahrhunderts, als sich die Entkolonialisierung in Afrika durchsetzte, musste die liberianische Führung Zugeständnisse machen. Einige afrikanische Liberianer durften studieren oder der Armee beitreten. Die große Mehrheit aber blieb vom Wirtschaftsleben ausgeschlossen. Das führte dazu, dass die älteste Republik Afrikas sich als eines der letzten Länder des Kontinents von der Kolonialherrschaft befreite. Der Unteroffizier Samuel Doe putschte 1980 und ermordete Präsident William Tolbert jr. und 13 seiner Regierungsmitglieder.
Vom Regen in die Traufe
Doch auch der Afriko-Liberianer Doe war ein Mann der Gewalt. Er verbot alle Parteien und beantwortete Sturzversuche mit blutiger Rache, die in drei Jahren gut 5.000 Todesopfer forderte. Ein Putschversuch seines ehemaligen Vertrauten Charles Taylor scheiterte 1989 vorerst, ließ das Land jedoch endgültig im Chaos versinken. Doe wurde von einem mit Taylor inzwischen zerstrittenen Mitputschisten, dem Warlord Prince Johnson, brutal ermordet. Bis heute ist Liberia nicht zur Ruhe gekommen.