Zum Hauptinhalt springen

Freihandel stockt

Von Harald Waiglein

Wirtschaft

1500 südkoreanische Bauern protestieren. | Erwartungen in Hongkong gering. | Hongkong. Während die Minister aus 149 Ländern an der Eröffnungszeremonie für die Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) teilnehmen, protestieren auf den Straßen Hongkongs rund 5000 Globalisierungskritiker.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

1500 sind Landwirte aus Südkorea, die für ihre radikalen Aktionen berüchtigt sind. Beim Gipfel in Cancun hat sich ein südkoreanischer Demonstrant aus Protest erdolcht. In Hongkong verlaufen die Demonstrationen vorläufig unblutig.

70 Koreaner springen ins Hafenbecken

Rund 70 Koreaner springen, die Fäuste schwingend und Parolen rufend, mit orangen Schwimmwesten ins Hafenbecken. Hin und wieder kommt es zu einem Handgemenge mit der Polizei. Rund 9000 Polizisten sind im Einsatz.

Es ist ein langsamer Anfang, den der WTO-Gipfel nimmt. EU-Handelskommissar Peter Mandelson warnte schon am ersten Tag eindringlich vor einem Misserfolg. "Wir sind noch beim gegenseitigen Abtasten, zum Teil wird gepokert, aber die Karten liegen noch nicht auf dem Tisch", sagt Wirtschaftsminister Martin Bartenstein, der gemeinsam mit Landwirtschaftsminister Josef Pröll Österreich bei der Konferenz vertritt.

Keine Annäherung zwischen EU und USA

Die ersten Stunden der Konferenz erschöpfen sich in Hintergrundgesprächen. Vertreter der Europäischen Union erläutern nochmals, warum ihr Angebot zur Reduktion von Zöllen, Subventionen und sonstigen Handelsbarrieren in der Landwirtschaft großzügig ist. Vertreter der USA und einzelner Schwellenländer sagen unterdessen in eigenen Hintergrundgesprächen das Gegenteil.

Zuletzt hat es keine Annäherung gegeben. Das wahrscheinlichste Ergebnis der Konferenz ist ein Zeitplan für weitere Verhandlungen. "Ich hoffe, dass wir uns im ersten Halbjahr auf konkrete Inhalte einigen können", meint Mandelson. Ob das gelingt, ist offen. Denn zu Konzessionen ist derzeit keine Seite bereit. "Wir haben kein neues Angebot in der Tasche. Unser Angebot liegt auf dem Tisch", setzt er nach.

Damit die Konferenz nicht wie der WTO-Gipfel vor zwei Jahren im mexikanischen Cancun scheitert, sollen noch am Dienstag Verhandlungen über ein Paket an Hilfsmassnahmen für Entwicklungsländer beginnen. In Cancun hatten Proteste der ärmsten Länder letztlich zu einem Abbruch der Ministerkonferenz geführt.

In diesem Paket soll unter anderem enthalten sein, dass die 49 ärmsten Länder (die "least developed countries", kurz: LDCs) für alle Güter außer Waffen quoten- und zollfreien Zugang zu den Märkten der entwickelten Länder erhalten. In der EU ist diese Initiative unter dem Namen EBA (Everything But Arms) bereits Realität, sie soll auf andere Länder ausgeweitet werden.

Hilfspaket mit billigen Generika für Ärmste

Außerdem sollen für die LDCs bestehende Ausnahmen vom Patentschutz für Medikamente verlängert werden. So soll der Bezug billiger Generika für längere Zeit ermöglicht werden. Abgesehen davon will die EU ihre Finanzhilfe für Handelsinvestitionen (Aid for Trade) ab 2010 auf 2 Milliarden Euro erhöhen.

"Auf dem derzeitigen Kurs werden die Verhandlungen kaum Nutzen für die Armen bringen und den Entwicklungsländern sogar Schaden zufügen", kritisiert dennoch Phil Bloomer, Experte der britischen Hilfsorganisation Oxfam.