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Freiheit, die sie meinen

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Die geplante Freihandelszone, die USA und Europäische Union umspannen soll, dürfe keine "Wirtschafts-Nato" werden, warnen Exporteure nach Asien. Nun, genau das ist aber Antriebsfeder für dieses Mega-Abkommen, jenseits und diesseits des Atlantiks. Abseits der Abschaffung aller Zölle im Warenverkehr geht es um gemeinsame Standards und Normen, vor allem in der Industrie. Damit würde der "Westen" schlicht und ergreifend Fakten schaffen, denn auf die beiden Blöcke entfällt die Hälfte der Weltwirtschaftsleistung. Schwer vorstellbar, dass sich asiatische und südamerikanische Anbieter dem verschließen könnten.

Die Verhandlungen zwischen USA und EU werden hart genug, allein das Thema Gentechnik und Landwirtschaft insgesamt programmiert heftigen Streit.

Und doch birgt das Abkommen die Chance, die Industrie in Europa und den USA wieder auf die Füße zu stellen. Es muss nur klug verfasst sein und vermutlich auch Sozial- und Umwelt-Standards für allfällige Dumpingverfahren definieren.

Genau dies ist auch der Punkt, warum die Politik in Washington und Brüssel geradezu euphorisch auf den Verhandlungsbeginn reagiert.

Denn die Welthandelsorganisation, eine globale Institution, hat sich als Fehlschlag herausgestellt. Die in Genf beheimatete WTO (für World Trade Organisation) war in der Vergangenheit hilfreich, doch ausgerechnet mit der Globalisierung kann sie nicht umgehen.

Die Aufnahme Chinas in die WTO sollte das mächtige Land frühzeitig an faire Spielregeln gewöhnen. Daraus ist nichts geworden. Dumping-Vorwürfe gegen China versanden meist, da Peking offenkundig nicht daran denkt, die Kalkulationen offenzulegen. Die Marktöffnung Chinas lässt auch zu wünschen übrig. Das gilt (mit Abstrichen) auch für Japan und Südkorea.

In den vergangenen Jahren wurde es üblich, dass Europa ein willkommener, weil kaufkräftiger offener Markt war, auf dem sich asiatische Anbieter nach Belieben breitmachten. Die europäische Industrie dagegen musste auf den asiatischen Märkten Federn lassen und konnte sich nicht ansatzweise so frei bewegen.

Die Anhänger der ungezügelten Marktwirtschaft mögen nun Unrat wittern und Protektionismus vermuten. Sollen sie. Aber zum freien Markt gehören vergleichbare Bedingungen. Und fair geht es in der globalisierten Wirtschaft nicht zu.