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Freiheitskampf im Iran: Europa muss handeln

Von Stephan Grigat

Gastkommentare

Im Iran werden Demonstranten erschossen, geschlagen, verhaftet, gefoltert. Doch Europas und auch Österreichs Politik beschränken sich bisher auf verbale Verurteilungen des iranischen Regimes. Wäre heute nicht ein guter Zeitpunkt, einen Schlussstrich unter 30 Jahre österreichische Appeasement- und Kollaborationspolitik mit dem Regime in Teheran zu ziehen?


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Wäre jetzt nicht der richtige Augenblick, sich unmissverständlich an die Seite jenes Teils der iranischen Bevölkerung zu stellen, der längst nicht mehr nur gegen die Wahlfarce, sondern unter Lebensgefahr für Freiheit, Säkularismus und rechtsstaatliche Demokratie (also gegen die "Islamische Republik") kämpft? Wäre es nicht höchste Zeit, dem Regime, das im Begriff ist, sich von einer klerikal-faschistischen Mullah-Diktatur in eine faschistische Militärdiktatur religiöser Apokalyptiker zu transformieren, zumindest mit scharfen Sanktionen Grenzen aufzuzeigen, statt es durch fortgesetzten oder womöglich gesteigerten Handel weiter am Leben zu erhalten?

Die Forderung nach einer Wiederholung der Wahlfarce seitens westlicher Politiker ist viel zu wenig. Es ginge darum, dass Europas Regierungen die Pseudowahlen im Iran und das iranische Regime nicht weiter anerkennen, die Botschafter der "Islamischen Republik" als klares Zeichen einer Verurteilung der brutalen Unterdrückungspolitik ausweisen, sich für freie Wahlen zu einem souveränen iranischen Parlament einsetzen und den Protestierenden jede nur erdenkliche Unterstützung zukommen lassen. Die europäischen Länder müssten die Tore ihrer Botschaften im Iran für Verletzte und Verfolgte öffnen und sollten flüchtenden Iranern sofortiges Bleiberecht zusichern.

Einem Regime wie dem im Iran darf man keine "legitimen Interessen" zugestehen, die westliche Länder respektieren müssten. Vielmehr ist ihm jegliche politische Legitimation abzusprechen und die ökonomische Basis für die Fortsetzung seiner menschenverachtenden Politik zu entziehen.

Wer so etwas für ungerechtfertigte Einflussnahme hält, ignoriert die täglich aus dem Iran kommenden Hilferufe und Solidarisierungsaufforderungen. Wer Angst hat, die Iraner könnten solch eine Politik der offenen Unterstützung als kulturimperialistische Anmaßung betrachten, sollte sich an die Parole jener Iranerinnen erinnern, die 1979 zu Zehntausenden tagelang gegen die Einführung der Zwangsverschleierung demonstriert haben: "Emanzipation ist nicht westlich oder östlich, sondern universal!"

Viele Iraner stehen heute dem Westen nicht skeptisch gegenüber, weil er für Rechtsstaat, Bürgerfreiheiten und Aufklärung steht, sondern weil er diese Prinzipien viel zu oft verraten hat. Eine unmissverständliche, auch Konsequenzen nach sich ziehende Solidarisierung mit der Freiheitsbewegung im Iran wäre für den Westen und auch für die bisher auffällig stille "Zivilgesellschaft" eine Chance, diesen Fehler nicht immer wieder aufs Neue zu begehen.

Stephan Grigat ist Mitherausgeber von "Der Iran - Analyse einer islamischen Diktatur und ihrer europäischen
Förderer" und arbeitet für das Bündnis www.stopthebomb.net.