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Islamabad. US-Außenministerin Hillary Clinton hat bei ihrem Besuch in Pakistan am Freitag statt Konfrontation bewusst sanfte Töne angeschlagen. Knapp einem Monat nach der Tötung von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden in Pakistan durch US-Spezialtruppen wollen die beiden Länder in die Zukunft schauen.
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Clinton kam mit Spitzen der Regierung und des mächtigen Militärs zusammen. Die US-Chefdiplomatin sprach Pakistans Regierung von jedem Verdacht frei, vom Versteck Bin Ladens in der Militärstadt Abbottabad gewusst zu haben. "Es gibt keinen Beleg dafür, dass jemand auf der höchsten Regierungsebene" davon Kenntnis gehabt habe, sagte Clinton.
Offiziell ist die Regierung in Islamabad aufgebracht, dass die USA ohne Absprache Bin Laden in Pakistan getötet haben. Washington hingegen gibt sich verärgert, dass der meistgesuchte Mann der Welt in Pakistan aufgespürt wurde.
Doch die Episode Bin Laden hat nicht dazu geführt, dass wichtige diplomatische Gespräche abgesagt oder Zusagen zurückgenommen wurden. Auch das Einfrieren der milliardenschweren US-Hilfe für Pakistan steht nicht zur Debatte. Daher gehen Beobachter davon aus, dass die Differenzen zwischen den beiden Ländern kaum mehr als ein Theaterspiel sind. Denn Pakistan und die USA sind in wichtigen Punkten aufeinander angewiesen. Washington braucht Pakistan, um den Krieg in Afghanistan zu Ende zu bringen, und Pakistan steht ohne US-Geld vor dem Staatsbankrott.
Für die USA drängt die Zeit: Nach fast einem Jahrzehnt Krieg ohne klare Siegesaussichten soll schon in einem Monat mit dem Abzug der Truppen aus Afghanistan begonnen werden. Doch ohne einen unappetitlicher Friedensdeal mit den aufständischen Taliban ist der Abschied der Nato vom Hindukusch nicht zu haben. Und auch nicht ohne die Hilfe Pakistans, das seit Jahren wichtige Taliban-Führer beherbergt und unterstützt. Erstmals gestand US-Außenministerin Clinton ein, dass Pakistan "sehr legitime Interessen" an dem "Versöhnungsprozess" in Afghanistan habe. Islamabad müsse daher "Teil dieses Prozesses" sein.
Afghanistan hingegen dürfte von den neuen Tönen Clintons wenig begeistert sein. Es sieht Pakistans Einfluss als Gefahr an und fürchtet eine Wiederholung der 1990er Jahre, als Pakistan das grausame Taliban-Regime in Kabul unterstützte.