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111 Punkte beinhaltete die Rohfassung des "Austrian Code of Corporate Governance", die im April dieses Jahres der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Seit wenigen Tagen liegt ein auf 78 Punkte abgespeckter Zweitentwurf dieses Regelwerks, das Grundsätze guter Unternehmensführung festschreibt, vor.
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Unternehmen, die sich zum Kodex bekennen, verpflichten sich freiwillig zu einer "verantwortlichen, auf Wertschöpfung ausgerichteten Leitung und Kontrolle." Der Kodex richtet sich vorrangig an österreichische börsenotierte Aktiengesellschaften, es kann ihn sich aber prinzipiell jedes Unternehmen auf die Fahnen heften. Das "Bekenntnis" ist in den Geschäftsbericht aufzunehmen und auf der Website der Gesellschaft zu veröffentlichen. Sanktionen bei Nichteinhaltung sind nicht vorgesehen.
Zunächst regelt der österreichische Code das Zusammenwirken von Aufsichtsräten und Vorständen eines Unternehmens, wobei die meisten Punkte Empfehlungen darstellen, einige allerdings ohnehin zwingende Rechtsvorschriften sind (etwa, dass Mitglieder des Vorstandes, des Aufsichtsrates sowie leitende Angestellte Käufe und Verkäufe von Aktien der Gesellschaft innerhalb von sieben Tagen zu melden haben, sofern der Kurswert der Bestandsveränderung 10.000 Euro pro Jahr überschreitet).
Empfohlen wird u.a., dass jedes Vorstandsmitglied sein Gehalt einzeln veröffentlicht. Die Nichteinhaltung muss allerdings nicht begründet werden. Empfohlen wird weiters, dass der Aufsichtsratsvorsitzende mit dem Vorstandsvorsitzenden regelmäßig Kontakt hält und mit ihm Strategie, Geschäftsentwicklung und Risikomanagement diskutiert. Die Zahl der Aufsichtsratsmandate sollte sich auf sechs beschränken, wobei der Vorsitz doppelt gezählt wird.
Ein Kapitel im Austrian Code of Corporate Governance lautet "Transparenz und Prüfung". Dabei geht es um das Setzen vertrauensfördernder Maßnahmen - wie etwa die Offenlegung von Veränderungen in der Aktionärsstruktur, detaillierte Aussagen über mögliche Risiken (Branchenrisken, Zinsen, Währungen, Derivativgeschäfte...), die Abhaltung regelmäßiger Informationsveranstaltungen u.a..
"Unternehmensverfassungen" sind international gang und gäbe, Österreich gehört zu den wenigen Ländern, die noch keinen Corporate-Governance-Kodex haben. Vor allem Kleinaktionärsvertreter schätzen den nun vorliegenenden österreichischen Entwurf. "Einige Dinge, die wir gefordert haben, haben Eingang gefunden", sagte Wilhelm Rasinger, Rechtsanwalt und Chef des IVA (Interessenverband der Anleger) zur Nachrichtenagentur Reuters. Zusätzlich hätte der IVA gerne eine Altersbegrenzung für Vorstände und Aufsichtsräte (60 bis 65 bzw. 65 bis 72 Jahre). Der Kodex soll in Österreich im Oktober dieses Jahres eingeführt werden. Bis 28. Juli können im Rahmen des Aktionsplans für den österreichischen Kapitalmarkt (Koordinator ist Regierungsbeauftragter Richard Schenz) noch Verbesserungsvorschläge gemacht werden.