Ehemalige Guerilleros in Kolumbien haben ein Camp zur Touristenattraktion gemacht.
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Francisco Villa war Guerillero. Im Dschungel war er unter seinem Kampfnamen Milo für die Sache der Farc im Einsatz, der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens. Geschätzte 220.000 Todesopfer hat der bis heute anhaltende Bürgerkrieg in dem südamerikanischen Land gefordert. Doch die meisten der marxistischen Farc-Rebellen haben inzwischen die Waffen niedergelegt. Nach Jahren des Kampfes sehen sie sich mit der Herausforderung konfrontiert, einen zivilen Beruf auszuüben. So auch Villa. Seit 30 Jahren ist der 65-Jährige Mitglied der Farc. Nun ist er Touristenführer geworden. Allerdings kein gewöhnlicher. Er führt Urlauber durchs Guerillacamp. Im "ökotouristischen Camp Ruta Fariana" in Pondores zeigt er, wie die Rebellen gelebt haben. Schlafen unter auf Holzbalken gespannten Zeltplanen und allerlei Getier, ideologische Ausführungen, einfache Küche. Der unerfreulichere Teil des Guerillerolebens wird erzählt, nicht demonstriert. Villa ist staatlich geprüfter Fremdenführer und lebt mit 200 Ex-Guerilleros in Ruta Fariana. Es ist Teil eines Projekts, das ehemalige Kämpfer in die Gesellschaft integrieren soll. Abgesehen von Abenteuer-Tourismus, Rebellenromantik und Politikunterricht verrichten die Hausherren manuelle Arbeit. Sie bauen Obst und Gemüse an und verkaufen es, einige unter ihnen wiederum werden als Näher ausgebildet und stellen unter anderem Leiberl und Hemden her. Villa und seine Kameraden erzählen den Touristen, was sie erlebt haben, warum sie gekämpft haben und was sie gehofft hatten zu erreichen. "Wir haben uns im Krieg befunden und mussten militärische Disziplin haben", erzählt Villa dem amerikanischen Web-Magazin "The Daily Beast". Das bedeutete Aufstehen im Morgengrauen, gefolgt von Training und Übungen. Zapfenstreich war um acht Uhr Abend. "Aber ein Kämpfer schläft nie", sagt Villa. Vor dem Schlafengehen wurde alles stets so gepackt, dass man im Falle eines Alarms innerhalb kürzester Zeit losmarschieren konnte. Die Besucher bekommen ihr Essen in einem Lehmofen zubereitet. Die Idee stammt aus Vietnam, erklärt Villa. Der Rauch kann über kleine Löcher an der Seite entweichen, die Glut wird verdeckt. Auf diese Weise bleibt man beim Kochen von Aufklärungsfliegern unentdeckt. "Wir stehen hier erst am Anfang," sagt Villa dem US-Sender "Public Radio International". "Menschen hier zu empfangen wird auf lange Sicht der richtige Weg nach vorne sein." Doch nicht jeder Guerillero teilt Villas Enthusiasmus. Weder die neue Aufgabe, noch die Gebundenheit an einen Ort, stößt auf ungeteilte Begeisterung. Viele Farc-Soldaten haben das Gefühl, in der Luft zu hängen, und haben ihre Demobilisierungscamps verlassen. Umso wichtiger wäre es, dass Projekte wie jenes von Francisco Villa funktionieren. Denn wenn nicht, steht die Gefahr im Raum, dass die Guerilleros zu dem zurückkehren, was sie können, und in alte Gewohnheiten verfallen. Derzeit erhalten sie noch etwa 200 Dollar im Monat vom Staat, als Teil der Friedensvereinbarung mit der Farc. Doch die Unterstützung läuft nächstes Jahr aus. Dann sollte auch das Camp Ruta Fariana so weit gediehen sein, dass seine Mitglieder davon leben können.