Es gibt mehr Exoplaneten als Sterne - doch die Chancen, intelligentes Leben zu finden, sind klein.
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Wien. Neue Planeten, neue Hoffnung: Die US-Weltraumbehörde Nasa hat weitere 1284 Exoplaneten in der Milchstraße bestätigt. Damit verdoppelt sich ihre Zahl auf rund 3400. "Bevor der "Kepler"-Satellit 2009 ins All startete, wusste niemand, ob und wie viele Planeten um andere Sterne kreisen. Jetzt wissen wir, dass es mehr Planeten als Sterne geben könnte", sagte der Direktor der Astrophysik-Abteilung der Nasa, Paul Hertz, bei der Präsentation der Daten am Dienstagabend in Washington (die "Wiener Zeitung berichtete).
Was die interstellare Großfahndung so interessant macht, ist aber weniger die Zahl der Globen, als die Hoffnung, Leben im All oder gar eine neue Erde zu finden. Das nach dem Astronomen Johannes Kepler benannte Weltraumteleskop kämmt den Kosmos im Sternbild des Schwans 120 Millionen Kilometer von der Erde entfernt nach Kandidaten. Es misst die Helligkeitsschwankungen, die Planeten vor Sonnen verursachen, wenn sie an ihnen vorbeiziehen.
"Kepler" hat dieses Mal 550 Planeten aufgespürt, die klein und felsig sein könnten wie die Erde. Nur neun umkreisen allerdings ihre Sonnen im bewohnbaren Abstand, der flüssiges Wasser ermöglicht. Dass uns in dieser Runde Wesen auf zwei Beinen entgegenkommen, um uns die Hände zu schütteln, ist somit eher unwahrscheinlich.
Flüssiges Wasser ist unverzichtbar für Leben, wie wir es kennen. Damit es vorhanden sein kann, muss ein Planet seine Sonne in einer Entfernung umkreisen, die gemäßigte Temperaturen ermöglicht. Für ein stabiles Klima ist zudem eine schützende Atmosphäre erforderlich. Astronomen kennen 21 Exoplaneten, auf denen dies gegeben sein könnte. Ob dort aber tatsächlich Quellen fließen, Pflanzen wachsen und Sauerstoff erzeugen, sodass Leben entstehen und evolvieren kann, ist unbekannt.
"Statistisch ist es fast ausgeschlossen, dass Leben nur auf der Erde entstanden ist", betont der Astrophysiker Walter Sauer von der Universität Innsbruck. Im All gibt es etwa 100 Milliarden Galaxien, jede mit an die 100 Milliarden Sternen. "Die Wahrscheinlichkeit, dass es einen erdähnlichen Planeten gibt, ist hoch", sagt auch Wolfgang Baumjohann, Direktor des Grazer Instituts für Weltraumforschung: "Unwahrscheinlich ist allerdings, dass wir intelligenten Lebewesen von anderen Planeten jemals begegnen."
Die ältesten Schädelknochen, die dem modernen Menschen zugeordnet werden, sind 160.000 alt. Ackerbau wird erst seit ein paar tausend Jahren betrieben und die meisten Kulturen existieren wesentlich kürzer. Unser Zeitfenster ist somit klein. Zudem ist der teleskopische Blick in den Kosmos einer in die Vergangenheit: Wenn uns das Licht einer fernen Zivilisation erreicht, könnte sie bereits erloschen sein. Außerdem sind nicht alle Sterne und Planeten so alt wie das Universum (13,8 Milliarden Jahre) oder die Erde (4,5 Milliarden Jahre). "Es ist gut möglich, dass eine Welt wie die unsere vor sechs Milliarden Jahren bei einer anderen Sonne existierte", so Baumjohann. Um sie zu finden, müsste man durch die Zeit reisen.
Leben, das wir im All nachweisen können, wird vermutlich etwas anders aussehen, als wir es uns vorstellen. Nasa-Chefwissenschafterin Ellen Stofan rechnet mit "richtigen Beweisen" für Mikroben auf anderen Himmelskörpern "schon in den nächsten 20 bis 30 Jahren". Hier wäre Zeit genug: Auf der Erde gibt es Mikroorganismen seit 3,8 Milliarden Jahren.
Mikroben wahrscheinlicher
Die Innsbrucker Biologin Birgit Sattler untersucht Mikroorganismen auf der Erde, die im Eis oder in Bergseen "unter ähnlich extremen Bedingungen gedeihen, wie sie auf dem Jupitermond Europa herrschen". Europa kreist außerhalb der bewohnbaren Zone der Sonne. Dennoch spürte man mit Magnetfeld-Messungen flüssiges Wasser unter der Eisdecke auf, das von den gravitativen Kräften des Gasriesen bewegt wird. Die europäische Weltraumagentur Esa plant ab 2022 eine Sondenmission zum Jupiter, um seinen Mond genauer zu untersuchen.
Auch der Saturnmond Titan hat eine interessante Dynamik. Auf dem eiskalten Globus gibt es Flüsse und Seen aus Kohlenwasserstoffen, wie Ethan und Methan. "Im Wesentlichen nehmen sie den gleichen Platz ein wie bei uns Wasser: Sie fließen über die Oberfläche, verdunsten und regnen wieder ab", erläutert der Astronom Florian Freistetter in seinem Internet-Blog. Die Existenz von Leben ist zwar unwahrscheinlich, doch das System befeuert Ideen über Leben, wie wir es nicht kennen.
Das fliegende Observatorium "Kepler", das mit technischen Problemen zu kämpfen hatte, soll bis 2018 arbeiten. Dann will die Nasa Satellit "Tess" starten. Die Esa schickt 2017 "Cheops" ins All.