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Fremden-Verwehrs-Ort

Von Marina Delcheva

Politik

Bad Gastein wehrt sich gegen temporäre Unterbringung von weiteren 40 Flüchtlingen in Skihotel.


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Bad Gastein. Mitleid mit Menschen, die unter Lebensgefahr über das Mittelmeer oder eingepfercht zwischen Doppelböden von Lkw nach Österreich gekommen sind, endet manchmal dort, wo Asylquoten und Ortsgrenzen beginnen. Der Neos-Nationalratsabgeordnete Sepp Schellhorn hat am Donnerstag angeboten, 40 Flüchtlinge in einem Mitarbeiterquartier seines Winterhotels in Bad Gastein in Salzburg unterzubringen.

Bad Gasteins Bürgermeister, Gerhard Steinbauer (ÖVP), hat mit dem Vorschlag wenig Freude. Dieser werde "strikt abgelehnt und gegebenenfalls mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft", schreibt er am Freitag in einem Brief an Schellhorn.

Die Unterbringung von Schutzsuchenden ist in den vergangenen Wochen eine größere Herausforderung geworden. In Salzburg und in Oberösterreich sind derzeit rund 130 Menschen in Zelten untergebracht - die Zahlen ändern sich stündlich -, weil beide Bundesländer nicht genug Quartiere bereitstellen können.

Zum einen liegt das daran, dass nach den Wintermonaten und angesichts der zahlreichen globalen Konflikte gerade mehr Menschen in Österreich um Asyl ansuchen. Laut Innenministerin Johanna Mikl-Leitner seien in den vergangenen Wochen bis zu 300 Asylanträge täglich gestellt worden. Zum anderen liegt das aber auch am erbitterten Widerstand mancher Gemeinden, Schutzsuchende bei sich aufzunehmen. Von rund 2300 österreichischen Gemeinden haben gerade einmal 500 überhaupt Asylwerber aufgenommen.

Angesichts der Engpässe fragte die zuständige Salzburger Landesrätin Martina Berthold von den Grünen auch bei Schellhorn nach, ehemals Interessensvertreter der Hoteliers, ob jemand aus der Branche zumindest kurzfristig Quartiere zur Verfügung stellen kann.

Schellhorn möchte nun bis zum 1. Dezember in den Mitarbeiterquartieren in seinem Skibetrieb in Bad Gastein etwa 40 Asylsuchenden unterbringen. Auch weitere Unternehmer, deren Hotels im Sommer leer stehen, hätten sich gemeldet. "Das sind traumatisierte Menschen, die irgendwo untergebracht werden müssen; nicht in Zelten, die unter Wasser stehen", sagt Schellhorn zur "Wiener Zeitung".

Angst vor der Quote

Das Nein zum Vorschlag Schellhorns begründet Bürgermeister Steinbauer damit, dass die Aufteilung in Österreich gerecht sein müsse und Bad Gastein ohnehin "seit 10 Jahren durchgebend 60 Asylwerber" unterbringe. Würden zu den 60 weitere 40 hinzukommen, würde das die Flüchtlingsquote in der 4200-Einwohner-Gemeinde verdoppeln - nämlich von derzeit 1,43 auf 2,38 Prozent. Steinbauer war seitens der "Wiener Zeitung" trotz mehrmaliger Versuche für keine Stellungnahme erreichbar. Das Innenministerium (BMI) fordert jedenfalls, dass alle Länder und Gemeinden angesichts der zahlreichen humanitären Katastrophen und steigender Flüchtlingszahlen weltweit einen solidarischen Beitrag leisten, und hat weniger Verständnis für den Widerstand aus Bad Gastein. "In Quartieren für Menschen anderer Nationen kann es in der Frage der Akzeptanz wohl keinen Unterschied machen, ob sie Skischuhe tragen oder vor Not geflüchtet sind", sagt Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des BMI, zur "Wiener Zeigung".

Allein Salzburg braucht akut 100 Plätze, 200 seien angeboten worden und werden nun geprüft. Seit Jahresbeginn wurden dort 428 Flüchtlinge untergebracht. Übrigens: Nach anfänglichen Aufschreien funktioniere das Zusammenleben meist sehr gut, erklärt eine Sprecherin Bertholds. "Die Menschen bringen den Flüchtlingen alte Fahrräder oder Kleidung, man kennt sich dann halt", sagt sie.