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Frequenzen der Zukunft

Von Stefan Meisterle

Wissen
In der Musik gibt das Metronom den Takt vor, in der Nachrichtentechnik sind es Behörden, Technologien - und nicht zuletzt physikalische Gegebenheiten.
© © Jens Götzke / Pixelio.de

EU-Kommission stockt Bandbreite für den Online-Einsatz von Smartphones auf.


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Wien. Die Zukunft des Internets ist mobil: Bereits mehr als 3 Millionen Österreicher nutzen Smartphones und Tablets, um ins Web einzusteigen, Tendenz stark steigend. Auf dem Weg in die mobile Zukunft gilt es freilich, eine technische Hürde zu überwinden: die Begrenzung der Frequenzbereiche, die Mobilfunkern für die Übermittlung von Daten zur Verfügung stehen. Ein Wachstumshemmnis, dessen sich auch die EU-Kommission angenommen hat. Mit der europaweiten Freigabe von weiteren Frequenzbändern soll der Übergang zur nächsten und datenhungrigen Mobilfunkgeneration geebnet werden. Unter dem Namen Long Term Evolution (LTE) soll diese mittlerweile vierte und daher auch "4G" bezeichnete Technologiegeneration das mobile Netz beflügeln.

"Schnellere drahtlose Verbindungen in Europa sind für uns alle von Vorteil", sagte Neelie Kroes, für Europas "Digitale Agenda" zuständige EU-Kommissarin letzte Woche. Sie kündigte dabei die Aufstockung des für die mobile Datenübermittlung zur Verfügung stehenden Frequenzbereichs um weitere 120 Megahertz (Mhz) an. "Dank dieser Extra-Frequenzen für die 4G-Technik werden wir in Europa die sich verändernde und wachsende Nachfrage nach Breitbanddiensten besser bewältigen können", wurde Kroes in einer Aussendung zitiert.

Bei der heimischen Regulierungsbehörde RTR (Rundfunk & Telekom Regulierungs-GmbH), die die Frequenzvergabe im Inland regelt, erklärt man das mit einfachen Worten: "Mehr Bandbreite bedeutet mehr Funkressourcen, mehr Funkressourcen ermöglichen höhere Datenraten." Im Endausbau soll für die mobile Internetnutzung in der EU ein Frequenzbereich von insgesamt 1200 Mhz reserviert sein, wodurch etwa das verzögerungsfreie Betrachten hochauflösender Videos oder die Nutzung aufwendiger Online-Spiele möglich wird.

Dichtes Gedränge
Was in der Theorie naheliegend klingt, gewinnt in der Praxis rasch an Komplexität. Denn zunächst werden die zu reservierenden Frequenzbereiche nicht neu aus dem Äther geboren, sondern müssen von ihrer bisherigen Nutzung freigemacht werden. Bedingt einerseits durch die technischen Anforderungen von Empfangs- und Sendegeräten, andererseits durch physikalische Grundsätze, kommt für den Mobilfunkbereich grundsätzlich nur ein kleinerer Frequenzbereich in Frage: "Es gibt eine Dämpfung nach unten und oben: Funken kann man eigentlich nur von 100 Khz bis zu ein paar Gigahertz", erläutert Nobert Görtz, Vorstand des Instituts für Telekommunikation an der TU Wien. Klar, dass dieser grundsätzlich mögliche Frequenzbereich hart umkämpft ist, zumal die Mobilfunker ihn sich auch noch mit Nutzern etwa aus dem Bereich der Flugsicherung oder dem drahtlosen Netz von Computern teilen müssen.

Frequenzbänder versteigern
Durch den vollzogenen Austausch des analogen Fernsehens durch die digitale Ausstrahlung, die nur mehr einen Bruchteil der Bandbreite verschlingt, wurden zwar wertvolle Frequenzen frei. Dieser Gewinn wurde freilich von dem Frequenzbedarf immer stärker nachgefragter Datendienste rasch aufgezehrt. "Die Frequenzbereiche sind hart umkämpft und sehr gut genutzt", beschreibt Görtz das Gerangel. Und betont die Notwendigkeit, bei der Vergabe koordiniert und geplant vorzugehen.

Eine Aufgabe, die in Österreich der RTR obliegt: Kommt es zu einer Umschichtung oder Neuvergabe, werden hier die insgesamt zur Verfügung stehenden Frequenzbänder an die Bieter in einem mehrstufigen Auktionsverfahren versteigert. Am Ende schaut vielfach ein stark gestückeltes Frequenzband heraus, bei dem einzelne Frequenznutzer ihre Bereiche nicht notwendigerweise "en bloc" abstecken - was im Regelfall kein großes Problem sei. "Die Fragmentierung stellt für GSM (Global System for Mocile Communications, die zweite Generation des Mobilfunkstandards, Anm.) keine technischen Hindernisse dar. Die Fragmentierung ist also ein historisches Erbe", lässt RTR die "Wiener Zeitung" wissen, um allerdings zu erwähnen, dass eine Bereinigung der Bereiche angestrebt werde.

Mobilfunk macht aufmerksam
Obwohl bei den RTR-Frequenzversteigerungen die unterschiedlichsten Frequenznutzer zum Zug kommen, war es der Mobilfunkbereich, der zuletzt eine besondere Aufmerksamkeit erfuhr. "Mobilfunk ist ein sehr dynamischer Industriesektor", räumt die RTR ein: Im vergangenen Jahrzehnt sorgten Mobilfunkversteigerungen für die mit Abstand höchsten Versteigerungserlöse. Und auch für die anstehenden Versteigerungen für die Mobilfunktechnik der vierten Generation sind wieder stattliche Erlöse zu erwarten - nicht unbedingt zur Freude der Mobilfunker, die sich wiederholt über die mit der Frequenzversteigerung verbundenen enormen Kosten beklagten.

Immerhin erstrecken sich Frequenzzuteilungen über 15 bis 20 Jahre und mehrere Technologiezyklen, wie RTR gegenüber der "Wiener Zeitung" betont. Im Gerangel um Frequenzen sind in den nächsten Monaten und Jahren wichtige Weichenstellungen fällig. Die sollten aber dann zumindest für die nächste, mobile Zukunft ausreichen.