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Ausbau des Breitband-Internets durch Mobilfunker möglich. | Telekom-Sprecher fordern rasche Entscheidung. | Wien. Wie soll man mit brachliegenden Funk-Frequenzen verfahren? Versteigert man sie für Geld an die Mobilfunker oder lässt man sie dem ORF, falls der Rundfunk seine terrestrischen Sender um das Vielfache potenzieren möchte?
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Das mit Spannung erwartete Ergebnis der Studie eines Instituts aus Hamburg liegt vor. Offiziell wird es noch nicht präsentiert, da die RTR, die heimische Rundfunkbehörde, noch Nachbesserungen angefordert hat. Inoffiziell ist aber bereits durchgesickert, dass sich die Studie klar für eine Vergabe der österreichischen Lizenzen an die Mobilfunker ausspricht. Diesfalls käme es zu einer ähnlichen Auktion, wie sie diese Woche in Deutschland begonnen hat. Denn die Mobilfunker wollen die Frequenzen, die sich bis dato in staatlicher Hand befinden. Der Österreichische Rundfunk wiederum befürchtet Bildausfälle für diejenigen, die noch terrestrisch empfangen (laut Studienautoren sind das 6 Prozent der österreichischen Bevölkerung), und will sich zudem terrestrische Kanäle - für den Fall einer Abkehr von der Digitalisierung - freihalten.
Politische Entscheidung in Deutschland
Bis zu einer Milliarde Euro werden durch die Versteigerung in Deutschland von den Analysten erwartet. "Letztlich war es eine politische Entscheidung", erklärt Cord Lüdemann von der deutschen Bundesnetzagentur, die mit der Versteigerung beauftragt ist. Der deutsche Bundestag hat erwartet, dass die mobile Breitbandnutzung einfach immer mehr zunimmt, und deswegen beschlossen, dass ein größeres Netz zur Verfügung gestellt werden soll. Und: "Frequenzen nur zu horten, ist auch keine Lösung", erklärt Lüdemann.
Die Studie, die AB Consulting/Infront Consulting durchführte, hat im Auftrag der RTR den volkswirtschaftlichen Nutzen folgender Szenarien untersuchen müssen: die Vergabe an den Mobilfunk, diejenige an den Rundfunk, die gemeinschaftliche Nutzung und die Aufschiebung der Entscheidung. Das Infrastrukturministerium hatte sich dafür ausgesprochen, dass die Vergabe erst 2015 erfolgt.
Die gemischte Nutzung, für die sich der ORF beziehungsweise seine Tochter, die ORS, aussprechen - mit den Frequenzen Halbe/Halbe zu machen -, wird von der EU abgelehnt. Denn diesfalls müsste man zwischen Rundfunk und Breitbandinternet mindestens einen, wenn nicht mehrere Kanäle brachliegen lassen. Zudem würde es an den Landesgrenzen zu Gleichkanalstörungen kommen.
Hakl: "Brauchen inKrise Investitionen"
"Angesichts des eindeutigen Ergebnisses der Studie erwarte ich die ehestmögliche Vergabe der Digitalen Dividende an den Mobilfunk", erklärt etwa die Telekomsprecherin der ÖVP, Karin Hakl. "Gerade in Zeiten der Krise braucht Österreich jede Investition von privaten Unternehmen, und zwar so schnell wie möglich", erklärt Hakl im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Auch SPÖ-Infrastruktursprecher Kurt Gartlehner ist der Meinung seiner ÖVP-Kollegin: "50 Prozent der österreichischen Bevölkerung leben nicht in Ballungsgebieten. Der Glasfaserausbau würde ewig dauern und kostet viel Geld. Dass alle Zugang zum Internet bekommen, ist nur über die Digitale Dividende möglich."
Das Medienstaatssekretariat äußerte sich nicht zu der Studie. "Wir kommentieren keine Zwischenergebnisse", erklärt der Sprecher Marcin Kotlowski. Auch die RTR wollte keine Stellungnahme abgeben.
"Terrestrisches Fernsehen ist etwas für Blinde", so Arne Börnsen, Mitautor der Studie. "Da fährt einmal ein Zug vorbei, und das ganze Ding wackelt. Und diejenigen, noch über Terrestrik fernsehen, bei denen ist es fraglich, ob die noch für den nächsten Decoder viel Geld ausgeben wollen oder nicht einfach auf Satellit umsatteln wollen." Der ORF wolle nämlich den Terrestrikern High Definition anbieten - derzeit im Probebetrieb. Dafür will das Unternehmen die Digitale Dividende bewirtschaften. "Da ist es deutlich sinnvoller, 100 Prozent der Bevölkerung mit breitbandigem Internet zu versorgen", so Börnsen.
Wissen: Digitale Dividende
Sendefrequenzen umgeben unser Leben. Und auch wenn sie unsichtbar sind, sind sie volkswirtschaftlich wertvoll. In Österreich - ebenso wie etwa in Deutschland - liegen derzeit viele Frequenzen brach. Grund: Das Fernsehen wurde digitalisiert. Der freie Bereich zwischen 790-862 Megahertz wird oft unter dem Schlagwort Digitale Dividende zusammengefasst: als Metapher für den Gewinn, den der Staat bei Verkauf der Frequenzen lukrieren könnte.
In Österreich empfangen nur noch 6 Prozent der Bevölkerung TV über terrestrische Kabel. Der Betrieb kann weitergeführt werden: Die Frequenzen zwischen 790-862 Megahertz wurden noch nie verwendet - außer einmal, bei der Digitalisierung des Fernsehens, um den Parallelbetrieb aufrechtzuerhalten.
Mit den Frequenzen könnte aber das Bundesgebiet mit mobilem Breitband-Internet versorgt werden, der Glasfaserausbau wäre dann nicht nötig.